Putumayo presents
LATINAS - WOMEN OF LATIN AMERICA

EXIL MUSIK 9601-2
LC 08972

DISTRIBUTION: INDIGO

 

Die Stimme der lateinamerikanischen Frau tönt heute so vielfältig wie nie zuvor. Während Salsa- und Brasil-Superstars wie Gloria Estefan und Daniela Mercury längst an der Spitze internationaler Charts mit Klängen traditioneller Herkunft vertreten sind, bieten die Künste noch unentdeckter Vokalistinnen aus den karibischen Eilanden, der amazonischen Küste, dem peruanischen Hochland oder den argentinischen Pampas einen Hort spannender Klangfarben. Seien es die Gesänge wandernder Marktfrauen, Arbeitslieder vom Feld, politisierender nueva canción, Wiegenlied oder rituelle Anrufung - die Stimme der Latinas war und ist stets präsentes Signal in den oft männerdominierten Gesellschaften Südamerikas.

Latinas stellt uns elf, zum Teil weniger bekannte Sängerinnen verschiedener Generationen vor, die dieses Erbe ins Jahr 2000 getragen haben und es mal mit engagiertem Ernst, mal mit entspannter Partylaune umzuwandeln wissen.

Was die Hautfarbe angeht, ist die Präsenz der Schwarzen in Peru kaum mehr wahrnehmbar - ihre Kultur jedoch überlebt. Dafür sorgt Susana Baca (1), die die Lieder der Sklaven und Bauern der Küstenregionen durch die Gründung des Instituto Negro Cintinuo bewahrt und dafür sogar Würdigungen durch die große, 1983 verstorbene Sängerin Chabuca erfuhr. In Bacas Stimme wohnt bittere Leidenschaft zusammen mit resolut sich aufbäumendem Feuer und einem Hauch von jazzy Coolness. Sie kann die Angst vor dem Sklaventreiber nachfühlen, sich begeistert in bukolische Festivitäten hineinsteigern oder sanft den Herbstwind beschwören, der den Geliebten umschmeichelt. Nach mehreren Anläufen startete sie international auf David Byrnes Label Luaka Bop durch und der vorgestellte Song "Zamba Malató" kommt vom ersten Album für das Haus des Ex-Talking Head. Sowohl in den Lyrics als auch in der rootsigen Percussion-Arbeit spiegeln sich die Afro-Elemente dieses Zamba, eines der wichtigsten drei Tänze Perus, zusammen mit hispanischen Gitarrenlinien ergibt dies einen unwiderstehlichen Groove.

Gleich zwei weitere Landsfrauen Bacas haben sich eingefunden: Eva Ayllón (5), aufgewachsen in Lima unter bescheidenen Verhältnissen, begann bereits mit 14 Boleros und Balladen zu interpretieren, schwenkte jedoch auch bald auf afro-peruanisches Liedgut um. Heute nennt man sie liebevoll "goldene Stimme Perus" - von dieser kann man sich in "Raices Negras" überzeugen, einem flotten, von der Holzbox cajón getragenen Song, in den ganz unerwartet ein Solo auf der kubanischen batá, der rituellen Santeria-Trommel eingebaut wurde - ein Zeichen der Verbundenheit schwarzer Kultur von der Karibik bis zu den Anden.

Die Stimme der dritten Peruanerin, Queta Rivero ertönt hier im Chorgesang mit den Gitarristen Santiago "Cato" Caballero und Ricardo Eyzaguirre, mit denen sie das Trio Los Chasquis (10) formt. Die drei haben sich der kreolischen Musik Ecuadors und Perus angenommen und stellen hier einen landó vor, den wohl wichtigsten afro-peruanischen Tanz, hier Grundlage für das Arbeitslied "Azucar de caña": "Früh des morgens gehe ich hinaus, um Zuckerrohr zu schneiden, das Dämmerlicht begleitet mich, mit meiner Machete in der Hand, die Sonne geht hinter den Bergen auf, überschwemmt das Tal mit dem Duft des Zuckers.... Abends werde ich in meiner Hütte mit meiner Liebsten tanzen, mit einem Glas Zuckersaft."

Ebenfalls ein Arbeitslied, diesmal von der Atlantikküste, erklingt aus dem Repertoire von Totó La Momposina(2), Kolumbiens großer traditioneller Sängerin. Die Nordküste des Landes beherbergt eine riesigen Schatz in den Liedern der Sklaven. Deren Rhythmen und Melodien reichert Toto mit den Instrumenten der Europäer an - in "Los Sabores del Porro" ist es vor allem eine Blechblaskapelle von eigenartig dumpfer Eleganz, die den schleppenden Groove im Lied einer wandernden Marktfrau verfeinern. Die Figur der ihre Waren anpreisenden, umherziehenden Sängerin-Verkäuferin, der cantadora, ist wie geschaffen, für Totós besonderes Anliegen, die Domäne der Frau in afro-kolumbianischer Kultur herauszustellen.

Neben Totó La Momposina gibt es ein Wiederhören mit zwei weiteren grandes dames der lateinamerikanischen Musik. Celina Gonzalez (4), die Vergleiche von Aretha Franklin bis Dolly Parton erlebte, verkörpert die musica campesina, die "Countrymusik" des kubanischen Ostens. Aus der Tradition der Stadt Santiago und ihrem Umland mit der Bergwelt der Sierra Maestra erwuchs schließlich der Son mit seiner unermesslichen Genrevielfalt, wie guajira und guaracha, die eine farbenprächtige Reflektion ländlichen Lebens darstellen. Im "Guajira Linda" kommt, untermalt durch die perlende trés, der kubanischen Gitarre mit 10 Saiten und gestopfter, neckischer Trompete genau dies zum Ausdruck: "Auf dem weit entfernten Pfad zieht ein Junge vom Land singend seines Weges, sein Wagen schwingt hin und her, und wenn er am Abend ankommt, werden wir uns lieben, in der Hitze des Holzschuppens werde ich ihn mit Küssen bedecken" singt Celina Gonzalez mit leidenschaftlicher Seele.

Mercedes Sosa (11) aus dem Nordwesten Argentinien ist mit Sicherheit die bekannteste Vertreterin der nueva canción. Diese Bewegung stellte sich in den 60ern frontal gegen die herrschenden politischen Verhältnisse und regte gleichzeitig eine Befruchtung traditionellen Kulturgutes durch aktuelle, expressive Poesie und Kunst an. Ihren hier zu hörenden "Un Son Para Portinari" widmete sie beispielsweise dem früh verstorbenen, radikalen brasilianischen Maler Cándido Portinari. Ihre profunde, ausdrucksstarke Contralto-Stimme steht zusammen mit Victor Jara weltweit für das Wiedererwachen südamerikanischen Liedes. Die Menschenrechtlerin und engagierte Fürsprecherin der Landbevölkerung Sosa musste 1978 für vier Jahre vor dem Militär-Regime fliehen.

Dieses Schicksal teilt sie mit Mariana Montalvo (6), die 1974 ihre Heimat Chile verließ und seitdem in Frankreich lebt. Montalvo wurde mit den Los Machucambos über die Jahre zu einer in ganz Europa bekannten Interpretin südamerikanischer Tradition mit starker Verbundenheit zu Jara-, Sosa- und auch Violeta Para-Dichtung, zeichnet sich aber genauso aus durch neue Beleuchtung von Folklore-Tänzen , wie in "La Libelula", einem Afro-Anden-Tanz, reich an Naturbildern: "Die Libelle badet im Fluss, der Duft, der ihre Seele nährt, wurde von ihrem Vater, dem Wind vererbt. Komm, meine Liebste, denn dein Mann schmilzt dahin, du bist das Mondlicht, das meine Nächte erhellt, du bist der Stern, der zur Tageszeit schläft."

Ebenso im französischen Exil wirkt die Brasilianerin Nazaré Pereira (9). Seit den frühen Siebzigern beglückt sie uns Europäer mit einer fulminanten Koppelung aus Música Popular Brasileira und der Tradition Amazoniens. An der bolivianischen Grenze geboren, kam sie als Kind nach Belém, der Hauptstadt des Staates Pará, wo der Lambada aus einer magischen Verschmelzung karibischer Elemente wie Merengue und den teilweise noch indianisch gefärbten Rhythmen der Amazonas-Mündung erwuchs. Dies alles schlägt sich in ihrem Schaffen nieder, das von einer spannenden, interkontinentalen Dualität zehrt, wie aus dem zweisprachigen "Brasileira, Tout Simplement" heraustönt.

Mit Pereiras Landsfrau Rita Ribeiro (8) kommen wir zu den drei jungen Vertreterinnen einer hippen, aber dennoch der Tradition respektvoll gegenübertretenden Sängerinnen-Generation. Ribeiro, ein Kind des ebenfalls nördlichen Staates Maranhão, trägt ihre karibisch und amazonisch angehauchte Kunst in die Metropole São Paulo, wo sie die lokal verwurzelten Melodien und Tänze, oft von der Kultur der schwarzen Sklaven durchtränkt, Reggae und funkige Anteile zu einem Tropenpop von bezwingender Schönheit vermählt. Ritas zweites Album, "Pérolas Aos Povos" ist soeben auf Putumayo/Exil erschienen und auf diesem Werk findet sich auch "Há Mulheres": im kompakten, melodisch bezwingenden Pop-Arrangement meint man, indische Tupfer zu vernehmen und gar Andeutungen an die Melodien zentralasiatischer Steppen, doch der verbindende Groove ist der des Musikbogens Berimbau, über dem Rita die Inspiration der Muse erbittet.

Daß sich die Dominikanische Republik nicht auf den Merengue reduzieren läßt, führt uns Xiomara Fortuna (7) vor Ohren. Sie konnte ihren Forscherdrang nach lokalen Bräuchen und Musikformen in einen lebendigen Mix aus afro-dominikanischen Traditionen kleiden und entleiht aus Funk, Jazz, Reggae und brasilianischer Musik zu gleichen Teilen. Das Liebeslied "Baisabi" ist eine Komposition von Jose Tiburcio, Mitglied in Xiomaras Band und flicht Merengue-Groove mit dem folkloristischen sarandunga zusammen, einem Rhythmus, der im Süden der DomRep am Fest von Johannes dem Täufer lebendig gehalten wird. Außerdem hat hier versteckt eine Melodie der wandernden Blumenverkäuferinnen Einzug gehalten.

Die Biographie der Lhasa de Sela (3) liest sich wie ein Abenteuer-Roman: kurz nach ihrer Geburt entschloss sich ihr Vater, ein mexikanischer Schriftsteller, mit Kind und Kegel aufzubrechen, zu einer siebenjährigen Fahrt ins Unbekannte quer durch die USA, der Heimat von Lhasas Mutter. Im Bus, der fortan ihre Heimat war, sog Lhasa von japanischem Pop, über arabische Musik bis hin zu den passionierten Gesängen der mexikanischen Rancheras alles auf. 1990 schließlich strandete sie in Montréal, wo ihre Schwestern einem Zirkus angehören, und prägte mit dem Gitarristen Yves Desrosiers einen neuartigen Stil, der sich aus den Mosaiksteinchen Zigeunermusik, mexikanische Balladen, Cabaret und Chanson zusammenfügt. Allmählich wächst auch hierzulande der Ruhm dieser spannenden Frau, die mit ihrer wandlungsfähigen melancholischen, rauhen und erotischen Stimme sowohl ein Tom Waits-Publikum als auch Liebhaber von Latino-Klängen fasziniert. "De Cara A La Pared" ist der Opener zu ihrem bislang einzigen Werk "La Llorona" - eine bittersüße, schwermütige Ballade, zu der der Schlag eines Ruderbootes den verträumten Beat vorgibt.


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