Putumayo Artists presents

MIRIAM MAKEBA

Homeland

EXIL MUSIK 9382-2
LC 08972

 

"Jetzt, wo jene Tage Vergangenheit sind, werde ich immer von Freude erfüllt sein. Eine lange Zeit hindurch habe ich geweint, doch nun werde ich stets die Kraft finden, die Tränen aus meinen Augen zu wischen. Ich betete, daß meine Rückkehr möglich wird und war immer gewiß, daß ich eines Tages wieder hier sein kann." (Homeland)

"Hoffnung, Entschlossenheit und Gesang" – diese drei Dinge sind es, so Miriam Makeba, mit denen sie auf die Welt kam und die sie sich bis zum Tage ihres Todes bewahren werde. Bis die 68-jährige Sängerin zum Inbegriff afrikanischer Popmusik wurde, hatte sie zahlreiche Spielarten menschlicher Intoleranz miterlebt. Apartheit, Exil, Medienrummel und Vorurteile prägten einen kurvenreichen Karriereweg, der sie mal zum Liebling der Hochglanzmagazine, mal zum Feindbild verbohrter Politaktivisten machte. 1990 wurde die "Mama Africa" vom soeben befreiten Nelson Mandela gebeten, endlich in ihr Südafrika zurückzukehren. Seitdem hat sie intensiv getourt und sich mit "Eyes on tomorrow" (1991) und "Sing me a song" (1993) zweimal mit einer neuen Studioproduktion an ihre weltweite Fangemeinde gewandt. "Homeland" ist nun das dritte und bewegendste Klang-Zeugnis der größten Sängerin des Schwarzen Kontinents nach ihrer Heimkehr.

Von Johannesburg nach Johannesburg

Am 4. März 1932 in Johannesburg geboren, hat sie gleich zu Beginn ihres Lebens einiges an Leidenserfahrung durchzustehen. Denn ihre Mutter ist nicht nur Dienstbotin, sondern auch eine sangoma, eine der weisen Frauen aus dem Stamm der Xhosa, deren rituelles Wissen den Schergen der Apartheit verdächtig ist. Das Baby Miriam verbringt daher die Hälfte seines ersten Lebensjahr mit seiner Mutter, der vermeintlichen Zauberin, im Gefängnis. Überhaupt ist ihre Jugend alles andere als rosig. Als Spross der Townships muss sich das Mädchen behaupten, entdeckt aber die Musik als Mittel der Bewältigung und des Ausgleichs für sich. Trost und Zuflucht vor der Missachtung der Schwarzen in jedem nur erdenklichen Lebensbereich findet das Xhosa-Mädchen in den sonntäglichen Zusammenkünften mit Freunden: man lauscht den aktuellen Jazzplatten von Ella Fitzgerald und Billie Holliday. Bald entdeckt sie ihr stimmliches Talent im Kreise der Cuban Brothers, die sich an Jazzstandards, aber auch an Liedern in allen Stammessprachen Südafrikas versuchen. 1954 werden bei einem Auftritt die Manhattan Brothers auf die "Nachtigall" aufmerksam, damals eine der bekanntesten Gruppen des Landes. Mit einem Repertoire von afrikanischen Volksliedern bis hin zu Coverversionen der Ink Spots tingeln sie mit ihrer "Nachtigall" durch Großstadtspelunken und Hotelbars - bis in den Kongo - und erstmals dringt die Leuchtkraft von Miriams Stimme nach außen. Doch trotz der enormen Popularität der Band durchziehen bittere Erfahrungen der Ausgrenzung das Musikerleben: nach einem schweren Unfall, den die Gruppe unterwegs erleidet, wird ihr jede ärztliche Hilfe verweigert. Nach und nach emanzipiert sich Miriam Makeba von ihren männlichen Kollegen: eine erste Single wird unter eigenem Namen aufgenommen, sie formt das legendäre Frauen-Trio The Skylarks, übernimmt eine Rolle im populären Musical King Kong, die sie 1959 einem größeren Publikum bekannt macht und bei der sie ihren späteren Mann Hugh Masekela kennen lernt. Sie tritt in der Show African Jazz & Variety auf, wo sie von Lionel Rogosin entdeckt wird. Der US-Filmer engagiert sie für einen dreiminütigen Gesangsauftritt in seiner Anti-Apartheid-Doku über die Townships – als Come Back Africa beim Filmfest Venedig und in den Staaten gezeigt werden soll, begleitet ihn die 27jährige zu Promotion-Zwecken. Sie verläßt ihre Heimat, ohne zu wissen, daß sie nicht wiederkehren würde.

Binnen Wochen (!) erfährt Makeba Ende 1959 einen schier unglaublichen Aufstieg zu immenser Popularität: ihr Mentor und "großer Bruder" Harry Belafonte, den sie in London kennenlernt, erschließt ihr Auftritte in Los Angeles und New York, wo sie im Village Vanguard debütiert. Anwesend im Publikum sind an jenem legendären Premieren-Abend Duke Ellington, Miles Davis, Nina Simone und Sidney Poitier. Und dank des Respekts, den ihr das europäische und amerikanische Publikum zollt, wird aus dem schüchternen Mädchen eine selbstbewußte Frau, die beginnt, die Unterdrückung ihres Volkes anzuprangern. Zur selben Zeit verliert sie drei Onkel, die sich in Sharpesville am ersten Protestmarsch der südafrikanischen Schwarzen gegen ihre weißen Unterdrücker beteiligen. Und schließlich verweigern ihr die Behörden auf dem südafrikanischen Konsulat die Rückreise, als ihre Mutter stirbt - aus Neid auf den Auslandserfolg eines "Kaffernweibes". Miriam Makeba wird für sage und schreibe 30 Jahre zu einer Verbannten.

Doch in den USA strebt ihre Gesangskarriere unaufhaltsam von Gipfel zu Gipfel: sie verkehrt mit allen großen Jazzern der Sechzigern, unter ihnen Dizzy Gillespie, schult ihren Gesangsstil an Sarah Vaughan und Carmen McRae, tourt intensiv mit Belafonte und singt schließlich 1962 auf der Geburtstagsparty von J.F.Kennedy das berühmte Wimoweh (oft gecovert als The Lion Sleeps Tonight). Ermutigt durch die Aktionen der Bürgerrechtsbewegung um Martin Luther King spricht sie 1963 erstmals vor der UNO, um sich für die Freiheit ihres Volkes einzusetzen und verlangt den Boykott des Apartheid-Regimes. Als Vergeltung werden ihre Platten in der Heimat fortan verboten. Gleichzeitig jedoch erringt sie sich Sympathien in vielen afrikanischen Staaten, die gerade dabei sind, sich von ihren Kolonialherren loszusagen. Sie gastiert bei etlichen schwarzen Staatsoberhäuptern wie dem äthiopischen Kaiser Haile Selassie und dem Präsidenten von Guinea, Sekou Touré und nimmt an Konferenzen der Organisation zur afrikanischen Einheit teil. Nach einer turbulenten Zeit in den USA, in der sie vorübergehend mit ihrem ehemaligen Jugendfreund, dem Trompeter Hugh Masekela verheiratet ist und in der das schlichte Tanzlied Pata Pata 1967 ihren weltweiten Ruhm endgültig besiegelt, ist es auch Touré, der sie schließlich nach Guinea einlädt und ab jetzt zu ihrem Förderer wird. Denn das Klima in den Vereinigten Staaten war mit der Zeit eisig für Miriam geworden. Ihres neuen Lebenspartners wegen, dem Bürgerrechtler Stokely Carmichael, hatte man begonnen, sie rund um die Uhr zu beschatten und nach und nach all ihre Engagements auf perfide Art zu kündigen.

In Westafrika findet sie in einer Villa im Gebirge vorübergehend die langersehnte Ruhe und baut ein neues Ensemble auf, das auch Mitglieder des berühmten Staatsensembles in seinen Reihen beherbergt. Zur Touristenattraktion wird ihre "Sambesi"-Disco in der Hauptstadt Conakry. Ihr Ruf als Fürsprecherin aller Schwarzen festigt sich bei zahlreichen Auftritten zu Unabhängigkeitserklärungen der jungen Nationen des Kontinents und in erneuten Teilnahmen als guineische Delegierte vor der UNO. Triumphe in Kuba, England und Deutschland mehren ihren Ruhm. Auch ihre Tochter Bongi, die wie die beiden Enkelkinder mittlerweile in Guinea Wurzeln geschlagen hat, erntet erste Anerkennungen als Sängerin. Sie orientiert sich an einem jazzigeren Stil und schreibt Stücke für die Shows der Mutter, die in ihrem Repertoire nun auch eine große Zahl Protestlieder aufgenommen hat, darunter Soweto Blues aus der Feder ihres Ex-Mannes Hugh Masekela. Der Song bezieht sich auf ein konkretes Ereignis: die 1976 aufkeimenden und gewalttätig niedergeschlagenen Unruhen in Soweto, die Miriam ebenso wie die immer wieder angekündigten, jedoch leeren Reformversprechungen der Botha-Regierung aus dem Exil beobachten muss. Nachdem sie den schwersten Schicksalsschlag ihres Lebens allmählich verwunden hat, den Tod von Tochter Bongi, die wie Miriams Mutter offenbar von Wesen der Geisterwelt besessen war, steht sie 1987 im Rahmen der Graceland-Tour mit Paul Simon für die globale Wiederentdeckung südafrikanischer Klänge auf der Bühne. Die Stimmen für eine Niederschlagung der Apartheid können nun nicht mehr überhört werden – und endlich, 1990, darf sie die Befreiung ihres Landes erleben. Nelson Mandela, dem sie einmal am Anfang ihrer Karriere begegnet war, hatte schon damals, als junger Vorsitzender des ANC gespürt, daß aus "diesem Mädchen etwas ganz Besonderes werden würde." Dieser Mann bittet sie nun, umgehend zurück in die neugewonnene Heimat zu kommen.

Heute lebt Miriam Makeba wieder in Johannisburg und ist gefeierter denn je. Ein weihnachtlicher Auftritt vor dem Papst, sowie ausverkaufte Gastspiele in der Royal Albert Hall zu London und im Pariser Olympia, aber auch beim renommierten Afro-Festival in Würzburg an der Seite von Lokua Kanza (1998), krönen ihre Laufbahn in den Neunzigern.

Homeland

Homeland, das erste Studio-Album Makebas seit 8 Jahren, feiert mit neuen Nuancen die stolze Rückkehr des 68jährigen Weltstars ins befreite Land ihres Volkes und markiert den sechsten Jahrestag der ersten freien Wahlen in Südafrika (27.4.2000). Die mächtigen und souveränen Pop-Arrangements künden davon, daß der jahrzehntelange Kampf für ein Leben in Würde nicht umsonst war und die Irrfahrten für die Exilantin der Vergangenheit angehören. In den Rhythm Nation Studios entstanden zehn Songs, die eine enorme thematische Spannweite besitzen und mit Überraschungsgästen aufwarten können. Am Pult saß kein geringerer als Grammy-Nomine Cedric Samson, der bereits in den Achtzigern durch Teamwork mit Sting, Jean-Michel Jarre und Jon Lucien in New York Hochachtung erworben hatte und sich mit dem Soundtrack zum Film Mandela als wichtigster südafrikanischer Komponist etablierte.

So begegnen wir einer Neu-Einspielung des allseits bekannten Pata Pata, in welchem sich Miriam über den souligen Harmonien ihres Backgroundchors Crew Of Six die klickenden Vocals mit Zenzi Lee teilt. Die junge Dame ist mittlerweile selbst ein Gesangsstar und die Enkelin der "Mama Africa". Mit dem weitläufig swingenden Opener Masakhane hat Chorsänger Zamo Mbutho eine kraftvolle Post-Apartheid-Hymne entworfen, die die Hoffnung auf Einheit der verschiedenen Völker Südafrikas in eine schlagkräftige Synthese von Tradition und Rock fasst. Amaliya macht einer jungen Frau Mut, sich selbst als Persönlichkeit wahrzunehmen und zu akzeptuieren. In Liwawechi begegnet uns in der Lingala-Sprache ein perkussiv stampfender Nachruf auf einen früh verstorbenen Fußballstar des Kongo. Homeland erinnert sich an die Zeit, in der Makebas Heimat keine Heimat sein durfte. Und in Umhome entfaltet sich über pumpendem Bass und jazzy Piano-Begleitung der Klagegesang einer verlassenen Braut. Die größte Überraschung ist aber sicherlich das Teaming-up mit dem smarten Afropop-Meister Lokua Kanza, dessen zartes Gitarrenspiel und charismatische Stimme in Amaliya und das ergreifende, für Miriams Urenkel geschriebene Wiegenlied Lindelani eingeflossen sind. Kanza hinterließ bei etlichen weiteren Songs den unverwechselbaren Zauber seiner Arrangierkünste. Africa Is Where My Heart Is und In Time feiern zu guter Letzt noch einmal den Kontinent und seine Menschen als Geschenk Gottes, das es zu schützen gilt. Verpackt in ein zärtliches Gewand kompakt arrangierter Popmusik und beseelt von einer Stimme, der man die Freude über die Gegenwart, aber auch die Bewusstheit der Vergangenheit anhört, ist Homeland zugleich Resüme einer Epoche verpasster Chancen und Ausblick auf eine Zukunft, die nur mehr besser, humaner werden kann. Schon allein deswegen werden viele Menschen diese Musik lieben lernen.

Mit Homeland resümiert Miriam Makeba ein halbes Jahrhundert erfüllter musikalischer Erfahrung und meldet sich als Integrationsfigur des Schwarzen Kontinents zurück. Kein Zweifel: auch im neuen Jahrtausend wird die Diva mit Hoffnung, Entschlossenheit und Gesang der Welt von ihrem Volk erzählen.

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