Putumayo presents:
EXIL 92800-2 / LC 08972/ VÖ: 24.4.2009 / DISTRIBUTION: INDIGO
1. Grupo Galé: Volver, Volver ( ) 533
2. Poncho Sanchez: El Shing-A-Ling ( ) 325
3. Chico Alvarez: Rumba En El Solar ( ) 407
4. Eddie Palmieri: Sujétate La Lengua ( ) 511
5. Orquesta Aragón featuring Cheo Feliciano: Son Al Son (
) 613
6. Son Boricua: Muñeca ( ) 547
7. Fruko y Sus Tesos : « Nací En La Barriada » ( ) 432
»
8. Jose Conde y Ola Fresca: Ay Que Rico ( ) 458
9. Ricardo Lemvo and Makina Loca: Ay Valeria! ( ) 434
10. Juanito y La Agresiva: Angoa ( ) 239
Hitziges Netzwerk zwischen NY, L.A., Havanna und
Kolumbien
Jeder, der sich ein wenig für lateinamerikanische Kultur interessiert,
führt heute
ganz selbstverständlich das Wort Salsa im Munde. Wörtlich
übersetzt bedeutet
Salsa Soße, doch ganz im Gegensatz zum Sprachgebrauch unseres
Kulturkreises,
in dem die Soße bei Musikkritikern ein eher unschönes
Attribut darstellt, ist sie
im Latin-Hoheitsgebiet durchweg positiv besetzt. Erstmals war es der kubanische
Musiker Ignacio Piñeiro, der mit den Worten échale salsita
in den 1920ern seine
Band anwies, ein wenig Salsa ins klangliche Geschehen einzustreuen,
um die
Musik noch hitziger, tanzbarer zu machen. Die kubanische Musikhistorie war schon
damals ein stilistischer Hexenkessel: Durch die Mixtur kolonialer Ingredienzien
wie
dem Danzón und afrikanischen Rhythmen bildete sich zunächst der
Son, in New York
schälte sich durch exilkubanische Musiker später der Mambo daraus,
in den ländlichen
Regionen der Zigarreninsel wuchsen Guajira und Guaracha heran.
All diese afro-kubanischen Stile firmierten ab den
1960ern unter Salsa. Wesentlichen
Anteil am Salsa-Craze hatten dabei die Einwandererviertel des Big Apple, namentlich
Spanish Harlem und die Bronx, in denen sich zum Latin-Erbe Soul, Funk und Rock
hinzugesellten. Con Salsa Y Sabor war das anerkennende Prädikat
für alle Bands,
die den richtigen Swing hatten. Und die schillerndsten von ihnen fanden eine
Heimstatt auf dem vom Dominikaner Johnny Pacheco 1964 gegründeten Label
Fania,
dem Brennpunkt des Salsa-Movements, oft auch das Motown der Latinos
genannt
- von Ray Baretto über Eddie Palmieri bis zu Tito Puente und Celia Cruz
gehörten sie
alle zu diesem prominenten Stall. Pachecos Kumpel und Coverdesigner Izzy Sanabria
kurbelte den Hype an, indem er alle Fania-Platten mit dem Schlagwort Salsa
versah.
Und in den frühen Siebzigern schließlich war die Explosion auf ihrem
Höhepunkt,
die Fania All Stars füllten Stadien, Konzerte rund um die Welt unterstrichen
den
Siegeszug.
Seitdem ist die Salsa bis in die Volkshochschulen
unserer Breiten vorgedrungen und
hat sich stilistisch denkbar breit aufgefächert. Von der sozial bewussten
Salsa der
Siebziger ging die Reise zur Salsa Romantica auf Puerto Rico, die auch mit dem
Nachbarn Kuba flirtete, man denke nur an die Partnerschaft des Orquesta Aragón
mit
Cheo Feliciano. Ein ganzes Netzwerk gegenseitiger Befeuerung zwischen den USA,
insbesondere New York, L.A. und Miami sowie Puerto Rico und Kuba hat sich seitdem
gesponnen, die Biographien von Chico Alvarez, José Conde, Poncho Sanchez
und
Son Boricua belegen das. Und das Bruderland Kolumbien verfügt ebenso über
äußerst
vivide Salsa-Szenen mit Stars wie der Grupo Galé und Fruko y Sus Tesos
sowie neuen
Heißspornen wie Juanito y La Agresiva. Auch auf den afrikanischen Kontinent
wurden
die schwarzen Rhythmen in ihrem neuen Gewand rückimportiert - Bandleader
wie der
Kongolese Ricardo Lemvo bürgen hierfür. Trotz der seit den Neunzigern
dominierenden
Nostalgieschiene, die wieder die gediegeneren Vorläufer der Salsa feiert
und an der
ein gewisser Buena Vista SC nicht unwesentlich Schuld trägt, kocht die
Salsa
weiterhin einen brodelnden Topf aus scharfen Gewürzen. Putumayo stellt
Stars und
unsung heroes aus der zweiten Reihe vor, verführt zu einer heißen,
wirbelnden Reise
von den Siebzigern bis in die Jetztzeit, von New York und Los Angeles über
Miami und
Havanna bis zu den afro-kolumbianischen Klangbrennpunkten.
Ein Teil der Verkaufserlöse aus dieser CD geht
an die Pan American Health and
Education Foundation (PAHEF). Die in den USA beheimatete unabhängige Non-Profit-
Organisation hat es sich zum Ziel gesetzt, Krankheiten zu bekämpfen, Leben
zu
verlängern, die Gesundheitsfürsorge zu verbessern und die Fähigkeiten
der Menschen,
die im Gesundheitsbereich in beiden Amerikas arbeiten, zu erweitern. Die Arbeitsgebiete
der PAHEF umspannen die Gesundheit von Kindern und Frauen genau wie
die der Senioren, sie kümmert sich um vernachlässigte tropische Krankheiten,
die
Kontrolle über Infektionen und resistente Bakterien sowie die Prävention
von Gewalt
auf einer globalen Ebene. www.pahef.org
Getrost kann man die GRUPO GALÉ
zu den absoluten Top-Salseros Kolumbiens
zählen. Im Zentrum der Combo steht Leader Diego Galé, eine überaus
umtriebige
Persönlichkeit war er doch bei der Grupo Niche, bei Sonora Dinamita
und Sonora
Carruseles gleichermaßen mit im Boot und deckt so alle großen Namen
der
kolumbianischen Salsa mit seinem Wirken ab. Die Grupo Galé stammt aus
der
zweitgrößten Stadt des Landes, aus Medellín, zugleich eine
enorme Salsa-Hochburg.
Der Titel Volver, Volver stammt aus GGs 1995er-Album Afirmando und
kommt als
ausgebuffte Tanznummer daher: Sie beginnt ganz harmlos mit Anleihen bei der
ländlichen kubanischen Musik mit der glitzernden Tres-Gitarre, ein höchst
ansteckender Piano-Groove schließt sich an, bevor die ganze Bigband loslegt,
inklusive Posaunen- und Vibraphon-Solo. Ich wache in einem Land auf, das
nicht
meins ist, ich atme die fremde Luft anderer Orte ein. Oh, wie vermisse ich meine
Heimat, ich lebe nur dafür, in mein Land zurückzukehren und unter
meinen Leuten zu
sein, heißt es im sehnsüchtigen Text.
Auch vor Mexiko macht die Salsa keinen Halt: PONCHO
SANCHEZ, Texaner mit
mexikanischen Roots und Kindheit in L.A. bürgt mit seiner Conga-Kunst dafür.
Seine Karriere geht bis in die Siebziger zurück, als er beim Latin Jazzer
Cal Tjader
in Diensten stand. 1982 machte sich der Perkussionist selbständig und hat
seitdem
25 Solo-Alben eingespielt, die sich zwischen hochgradig tanzbarem Stoff und
eher
jazzorientiertem Material einpendeln, Gastauftritte von Jazzern wie Freddie
Hubbard
eingeschlossen. Das Stückchen El Shing-A-Ling, aus seinem Album
Out Of Sight!
(2003) ausgekoppelt, führt uns Sanchez maßgebliche musikalischen
Einflüsse vor
Ohren: Man entdeckt kubanischen Son, US-Soul und RhythmnBlues gleichermaßen
darin und eine wunderbare Posaunen-Attacke.
Ein Salsero, der in unseren Breiten eher unbekannt,
bei Putumayo aber immer gern
gesehen wird (siehe seine Auftritte auf der Afro-Latin Party und
Latin Jazz), ist
CHICO ALVAREZ. Der Kubaner hat in seiner Geburtsurkunde
Brooklyn
verzeichnet, machte sich aber schon bald in seine Heimat auf, um dort in Clubs
und
auf den Straßen in die vibrierende Szene einzutauchen. Getränkt von
den Traditionen
der Insel kehrte er dann wiederum in die Staaten zurück. Dort zeigten sich
Alvarez
Talente alsbald breit gefächert heute agiert er als Graphikdesigner
genauso wie als
Musikologe, Arrangeur und Sänger. Im New Yorker Radio-Sender WBAI hat er
auch
eine eigene, immens beliebte Sonntags-Show. Rumba En El Solar gibt
uns einen
Einblick in Chicos jugendliche Blütezeit. Die Aufnahme stammt von 1978,
eine der
ersten unter seinem Bandleader-Zepter. Flankiert wird seine Stimme von ordentlich
Prominenz: Oscar Hernández, heute Leiter des Spanish Harlem Orchestras
ist genauso
mit von der Partie wie Putumayo-Liebling Alfredo Chocolate Armenteros.
Pianist EDDIE PALMIERI
in Salsa-Kreisen vorzustellen, hieße Congas nach Cuba
tragen. Er ist einer der Hauptverantwortlichen dafür, dass Tür und
Tor zwischen
Salseros und Jazzern weit offen stehen. Der Nuyorican (New Yorker puertoricanischer
Abstammung) war schon in der frühen Phase des Salsa-Craze am Hudson federführend
dabei, da er seit den 1950ern bei den großen Bandleadern wie Tito Rodriguez
und Tito Puente in die Tasten griff, in den Sechzigern sodann mit seiner eigenen
Band
La Perfecta für Aufruhr sorgte und schließlich revolutionäre
Einspielungen wie das
grammydekorierte The Sun Of Latin Music aufbot eine ganze Liste des begehrten
Awards folgte bis zu seiner kürzlichen Aufnahme Simpatico. Palmieri hat
mit vielen
Jazzern gearbeitet, unter ihnen Brian Lynch und Phil Woods, er selbst wurde
gar mit
Monk und McCoy Tyner verglichen. Sujétate La Lengua stammt
von seiner 2003er-
Scheibe Ritmo Caliente, ist die Adaption eines Klassikers der Band Sonora Matancera
und begeistert mit einem neckischen, querstehenden Tasten-Intermezzo.
Nun zu einem bezwingenden kubanisch-puertoricanischen
Doppel: Das bereits 1939
gegründete ORQUESTA ARAGÓN steht fast
als Synonym für das Genre Charanga
innerhalb des Salsa-Kosmos. In der Charanga bekleiden Streicher und luftige
Flöten
statt den Blechbläsern die Hauptrollen im Arrangement, was einen transparenten,
beschwingten Sound ergibt. Häufiger Gast bei den Aragonern
ist CHEO FELICIANO
aus Ponce, der seit den Fünfzigern in New York lebt und 1972 seine Plattenkarriere
begann. Der Nuyorican besuchte mit seiner Bigband 1997 erstmals Kuba und lernte
dabei die Charanga-Helden kennen etliche gemeinsame Aufnahmen folgten,
der
Track Son Al Son ist auf dem 1999er-Album La Charanga Eterna zu
finden. Feliciano
verbeugt sich mit dem Orchester vor dem Son und lässt in seinem leidenschaftlichen
Tribut die Größen der Musikhistorie Kubas Revue passieren.
Eine famose Entdeckung für uns Europäer
stellt die New Yorker Band SON BORICUA
dar: Die von José Mangual Jr. zusammengestellte Combo aus exilpuertoricanischen
Größen hat es sich auf die Fahnen geschrieben, Salsa und Son mit
cleveren Zutaten
zu erneuern, die man erst beim zweiten Hinhören herauslauscht. So haben
sie auf
ihrem vierten Album Clásicos 60s beispielsweise Salsa-Standards der legendären
Ära
sanft aufgemöbelt: Der Klassiker Muñeca wurde ursprünglich
1964 von Eddie Palmieri
aus den Tasten gehauen, und dies zu einem satten Bläser-Backing. Son Boricua
haben anstatt dessen jedoch ein swingendes Vibraphon ins Studio gestellt
und höre
da: Das Original-Feuer bleibt trotzdem erhalten! Auf die eher simpel gestrickten
Lyrics
muss man da eigentlich gar nicht mehr achten... Meine Puppe, bitte vergib
mir, ich
liebe dich so sehr, wenn du zurückkommst, dann werde ich glücklich
sein.
Zurück nach Kolumbien: Ernesto Fruko
Estrada tummelt sich seit dem adoleszenten
Alter von 15 in der dortigen Szene: Zunächst war er auf dem Cumbia-Parkett
aktiv,
mit einer Supergroup des Genres, Los Corraleros de Majagual, die er 1968 erstmals
nach New York begleitete. Dieser Trip inspirierte ihn, nach dem Vorbild der
Fania
All Stars seine Gruppe FRUKO Y SUS TESOS zu starten,
als musikalischen Leiter
schnappte er sich Mario Pachanga Rincón. Seit nahezu 40 Jahren
sind Fruko und
seine Tesos eine verlässliche Größe in der Salsa Columbiana,
wie auch die jüngere
Veröffentlichung Power Salsa von 2000 zeigt, die zurecht einen etwas
aufgeplusterten Namen trägt. Nací En La Barrida erzählt
zur scharfen Blech-Würze
von den Herausforderungen, die das Leben an einen Heranwachsenden im Armenviertel
stellt: Die Straße ist nicht wie ein Dschungel, den du durchqueren
kannst,
sorglos und entspannt, weil nichts passieren wird. Am Tag ist es schon anders,
und
nachts ist es die Hölle, durch die sich nur die Tapferen wagen.
Die Geschichte Spanish Harlems wird fortgeschrieben
mit Leuten wie JOSÉ CONDE.
Der in den USA geborene Kubaner wuchs in Miami auf und absorbierte neben den
musikalischen Wurzeln seiner Heimat auch Funk und Soul, selbst den haitianischen
Compas. Conde studierte am renommierten Berklee College of Music in Boston und
probierte Fusionen mit Rock, Jazz und Klassik aus. Seine musikalische Heimat
fand er
schließlich bei seinem Bandprojekt LA OLA FRESCA, mit dem er bereits drei
Alben
produziert hat seine Experimentierfreudigkeit zwischen den Stilen und
von
New Orleans bis Haiti kommt hier weiterhin zum Tragen, auch lädt er sich
des öfteren
prominente Sidemen wie Jimmy Bosch ein. Ay Que Rico ist jedoch eine
urkubanische Widmung an die Kochkünste seiner Mama: Meine Mutter
ist die beste
Köchin, von Havanna bis Sawasera. Wenn ich diesen Sofrito (Schmorgericht
aus
Kalbs- und Rindfleisch) rieche, weiß ich, dass etwas Leckeres auf den
Tisch kommt.
Er gehört bei Putumayo zum Inventar: Der Kongolese
RICARDO LEMVO hat die
Historie des bunten Labels schon lange begleitet. Als Kid in Kinshasa war er
bereits
von den kubanischen Rhythmen angefixt und kanalisierte seine Vorliebe schließlich
in
der neuen Heimat L.A., in die er 1972 übersiedelte, mit seinen Mannen von
der
MAKINA LOCA. Die verrückte Maschine steht seit den 1990ern
für eine raffinierte
Koppelung von afrikanischen und karibischen Zutaten, von Son über Merengue
und
Cumbia bis zur Rumba Congolaise. Lemvos bislang jüngster Streich ist die
CD
Ay Valeria! aus dem Jahre 2008 der Titeltrack verkörpert einen Hybrid
aus
Salsa-Bläsern und einer typisch kongolesischen Gitarre. Gärtner,
komm, sag mir,
was mit meiner wunderschönen Valeria passiert ist, der Blume von Eden,
der einen,
um die ich mich so gekümmert habe, ich gab ihr Zärtlichkeit, um sie
wachsen
zu lassen, und vor allem Liebe.
Das Finale wird wiederum auf Kolumbiens Boden getanzt:
Juan Manuel Murillo,
kurz JUANITO, stammt aus der Metropole Cali, wo
Salsa gegen die mächtige
Modewelle des urbanen Modetanzes Reggaeton bestehen kann. Als Tänzer begann
er seine Laufbahn, stieg aber bald aufs Perkussionsfach um und wurde von den
führenden Combos Kolumbiens eingespannt. 2004 betrat er den Pfad des Solisten
und
versammelte neue Musiker um sich, die er unter der Marke LA AGRESIVA bündelte.
Angoa mit seinem stark afro-kolumbianischen Background ist ein vortrefflicher
Schaukasten für Juanitos Stil: In den Drum-Patterns lassen sich Elemente
der
rituellen Zeremonien der Schwarzen Kolumbiens entdecken und sie machen sie
besonders funky kein Wunder, dass die Nummer zum Hit in den Salsa-Clubs
ganz
Lateinamerikas wurde.
Von den Nuyoricans am Hudson und den Afro-Latino-Enklaven
Kaliforniens
über Kubas reiche Szene bis hin zu Kolumbiens Metropolen Medellín
und Cali
die Salsa zeigt sich siempre con swing!
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