Putumayo presents:

African Reggae

EXIL 92029-2 / LC 08972/ VÖ: 23.1.2009 / DISTRIBUTION: INDIGO

 

1. Ismael Isaac: „Magno Mako“ ( ) 4’14”
2. Mo‘Kalamity & The Wizards: „Vision“ ( ) 3’07”
3. Bingui Jaa Jammy: „Congo Natty“ ( ) 2’38”
4. Zoro: „Jabulani“ ( ) 5’13” 5. Nino Galissa: „Krebo Cheo“ ( ) 3’46”
6. One Love Family: „Bô Ten Qu’Luta’“ ( ) 3’12”
7. Kwame Bediako: „Steppin’ Into Zion“ ( ) 4’34”
8. Ba Cissoko with Tiken Jah Fakoly: „On Veut Se Marier“ ( ) 4’01”
9. Serges Kassy: „Jah Libilé“ ( ) 3’20“
10. Majek Fashek: „Man of Sorrow“ ( ) 7’34”

„Wäre ich in Jamaika geboren, so wäre ich trotzdem ein Afrikaner”, sagt der nigerianische Musiker Majek Fashek. „Ich mache keinen jamaikanischen Reggae - Reggae ist afrikanisch!“ Clever spielt er damit auf die enge transatlantische Verwandtschaft der Insel mit dem Mutterkontinent an: Über die bittere Epoche des Sklavenhandels hinweg haben sich Gebräuche und Traditionen Schwarzafrikas auf Jamaika gehalten, nicht zuletzt durch die Maroons, entflohene Sklaven, die im Hinterland weiterhin ihr Erbe pflegten. Mit einer ähnlichen Geisteshaltung boten die Äthiopier ihren Kolonialherren Jahrhunderte später Paroli und wurden zum Vorbild für die jamaikanischen Rastafaris unter der Leitung des Aktivisten Marcus Garvey und seinem Back-to-Africa-Movement.

Von jeher hat dieser Spirit auch eine große Rolle im Reggae eingenommen. Vielleicht ist dies der Grund, dass die in Afrika gepflegte Genre-Variante heute wurzeltreuer ist: Während das Mutterland des Reggaes zuweilen weit abgekommen ist von den Ursprüngen, erfreut diese sich in Übersee fröhlicher Urständ’. Jamaika feiert den Dancehall und seine modernen Derivate, doch die afrikanische Variante orientiert sich an der klassischen Roots-Phase. Von den 1960ern bis heute galten und gelten von Conakry bis Kapstadt Desmond Dekker, Bob Marley und Jimmy Cliff als die wahren Helden, die Alpha Blondy, Lucky Dube sowie all ihre Nachfolger inspirierten. Doch auch wenn sie sich an den Vätern orientieren, haben es die Afro Reggae-Vertreter geschafft, ihre Musik zeitgenössisch klingen zu lassen – mit behutsamen Injektionen aus ihren Landeskulturen und Stilen von Afrobeat bis Zouk. Der Reggae kehrt nach Hause zurück – und wie diese sachverständig zusammengetragenen Aufnahmen aus der Elfenbeinküste, Burkina Faso, Südafrika, Ghana, Nigeria, Guinea und Guinea-Bissau zeigen: Er gewinnt dabei noch an Farbschattierungen und Vitalität.

Ein Teil der Erlöse aus dieser CD geht an HOPEHIV. Die Organisation unterstützt Kinder in Afrika, die durch HIV/AIDS zu Waisen wurden. Hierfür arbeitet sie mit Firmen, Schulen, Kirchen und einzelnen Menschen zusammen und hat von Großbritannien aus mittlerweile ein Netzwerk zwischen 40 verwandten Organisationen aufgebaut, mit dem 50.000 Kinder in 400 Gemeinden in den Ländern südlich der Sahara betreut werden. Die Aktivitäten erstrecken sich auf emotionale, soziale und finanzelle Hilfe, Erziehung und Bildung sowie Kinderrechte. www.hopehiv.org

In der Elfenbeinküste ist Reggae eine große Nummer. Obwohl er außerhalb der Heimat nicht so bekannt sein mag wie seine Landsmänner Alpha Blondy oder Tiken Jah Fakoly, spielt ISMAEL ISSAC unter den zahlreichen Offbeat-Adepten eine wichtige Rolle. Als Issiaka Diakité wurde er in Treichville, einem ärmlichen Vorort von Abidjan geboren, der schon manchen Reggae-Musiker hervorgebracht hat und infolgedessen als Reverenz ans jamaikanische Trenchtown „Treichtown“ genannt wird. 1986 schloss sich Isaac den Frères Keita an, die durch ein paar Single- Veröffentlichungen von sich reden machten. Vier Jahre später betrat unser Mann sodann seinen Solopfad mit dem Debüt Rahman, das ihn auch gleich als sozialkritischen Sänger auswies, indem er Themen wie das Ghetto und den Terrorismus aufgriff. Isaac, der Alpha Blondy als prägenden Einfluss nennt, brachte im Jahr 2000 mit Black System sein gelungenstes Album auf den Markt, auf dem er sich mit einer sage und schreibe 15köpfigen Band umgab. Von diesem Meilenstein stammt „Magno Mako“ – in dem eingängigen Song zeigt er sich als Mitfühlender gegenüber dem Leid, das er tagtäglich sieht.

Auch draußen auf dem Atlantik hat sich eine Spielart des Afro-Reggae entwickelt, die – gemäß dem typischen kreolischen Schmelz – extrem elegant ausgefallen ist. Monica Tavares alias MO’KALAMITY ist eine der herausragenden Vertreterinnen des Genres. In ihrem Sound mischen sich Soul und der Reggae der klassischen Roots- Phase, gepaart mit idealistischen und kritischen Texten. Die kapverdische Dame war schon als Hintergrundstimme für den HipHopper King Malik in Erscheinung getreten, bis sie sich 2002 selbständig machte und ihre eigene Band, THE WIZARDS zusammenstellte, deren Mitglieder sie teilweise aus der karibischen Formation Exode herüberholte. Mittlerweile ist Mo’Kalamity mit ihren beiden Alben eine respektierte Sängerin auch in Europa, und sie wird für ihre hohen ethischen Maßstäbe in den Lyrics geschätzt. „Vision“ erzählt von dem Gefühl, dass man in einer großen Gruppe von Leuten spirituell trotzdem isoliert sein kann.

Man nennt ihn den „Korbo Rasta“ – „Korbo“ steht als Attribut für all diejenigen, die sich der französischen Besatzung widersetzt haben. Der aufmüpfige Geist gehört dem Burkiner BINGUI JAA JAMMY, der sich mit den Jahman People seit 2003 dem Reggae verschrieben hat und es schnell zu nationaler Berühmtheit in der Heimat Burkina Faso gebracht hat. Jammy bezieht seine Einflüsse vom ganzen Kontinent, hat Färbungen aus Togo, Ghana, der Elfenbeinküste, dem Kongo, Tansania, Äthiopien und Kenia eingeflochten. Parallel zu seiner Band hat der rührige Musiker gleich auch eine kulturelle Bewegung ins Leben gerufen. Nachdem er 2007 einen Trip nach Jamaika unternommen hat, der sein Bewusstsein für die Probleme der Schwarzen weiter schärfte, engagiert er sich in musikalischen Entwicklungsprojekten für Westafrika. Außerdem liegt ihm die Förderung einheimischer Musiker am Herzen: Junge Nachwuchstalente hat er kürzlich auf einem Kompilationsalbum vorgestellt. In „Congo Natty“ spricht er vom Zusammenhalt Afrikas, nimmt dabei mit “Congo” als dem alten Stammland Bezug auf ganz Afrika, und ehrt mit dem Wort „Natty“ die Personen, die dem Rastafari-Glauben anhängen: „Natty Dread geht voran und reißt die Schranken von Stämmen, Ethnien und Rassen nieder um vereinte Stärke wieder herzustellen. Das afrikanische Volk ist auf dem Weg, Afrika zu retten. Brüder! Lasst uns unsere Stärke durch die Wurzeln unserer Kultur sammeln“, heißt es kämpferisch in seinen Versen.

Um den Unterdrückten in seiner südafrikanischen Heimat Mut zuzusprechen, griff ZORO schon während der Apartheid zu klanglichen Mitteln. Zolile Matikinca, wie er bürgerlich heißt, stammt aus einer musikalischen Familie des Townships Guguletu bei Kapstadt. Als Kind sang er in Chören, entdeckte parallel die Reggaeplatten-Sammlung seines Onkels – der musste seine Schätze damals verstecken, denn Reggae war in der Republik tatsächlich verboten. 1989 ereilte Zoro ein Schicksalsschlag: Der Schuss eines Polizisten lähmte ihn von der Hüfte abwärts, doch wie durch ein Wunder war er ein Jahr später wieder geheilt. Das gab dem jungen Musiker soviel Zuversicht, dass er sich fortan als unbeirrter Navigator im Musikbusiness behaupten konnte. Mit der Band The Chronic Clan baute er seine Karriere mit einem kräftigen Gebräu aus Dancehall und R&B zunächst in der Cape Province auf. Im schwedischen Malmö machte er Aufnahmen, die schließlich auch international seinen Ruf festigten. Seine erste vollständige CD rührt aus dem Jahre 2006 und nennt sich Gugs News, „Jabulani“ stammt daraus. Angelehnt an das Auf und Ab seiner eigenen Biographie ruft er hier dazu auf, dass man seine Probleme nicht Regie übers Drehbuch des Lebens übernehmen lassen sollte.

Ursprünglich war der Bissau-Guineaner NINO GALISSA ein Kora-Spieler aus einer Griot-Familie. Deren Aufgabe, als Chronisten und Mahner die Geschichte der Gesellschaft oral zu tradieren, hat der Musiker nun auf den Reggae übertragen. Bewusstseinsschärfung durch Musik – diese Mission erfüllt Galissa seit seinen Teenager-Jahren von der Wahlheimat Portugal aus, später zog es ihn nach Barcelona. Die selbstgestellte Aufgabe bewältigt er multilingual, singt in Criolo und Mandinga genau wie in Portugiesisch und Spanisch. “Krebo Cheo” (Ich liebe dich) stammt aus seiner mittlerweile dritten Scheibe namens Mindjer, ein Werk, das er ganz den Ladies gewidmet hat. So ist dieser Song auch ein Loblied auf die ihn umgebenden Frauen, die ihm geholfen haben, schwierige Situationen zu meistern.

Ein weiterer Beitrag von den Kapverdischen Inseln illustriert, wie wichtig Reggae fürs musikalische Inselleben ist: ONE LOVE FAMILY geht auf den Gründer und Sänger JAHLU zurück, der die Formation 1998 tatsächlich mit seiner Familie ins Leben rief. In ihrer Wahlheimat Portugal sowie einigen europäischen Staaten hat der kreolische Klan seitdem eine beachtliche Gefolgschaft hinter sich versammelt. Der Conscious Reggae der Family, der sich mit Themen wie Armut, Umweltverschmutzung, Rassismus und der Kommunikation des Menschen mit der Natur befasst, gründet sich auf einer tiefen Spiritualität. Da überrascht es nicht, dass sie ihr aktuelles Album Allelujah betitelt haben. Aus dieser Scheibe stammt “Bô Ten Qu’Luta’” (Wir müssen kämpfen): „Liebe ist die Lösung, heute nacht weiß jeder, das Jah uns segnet”, singen sie aus vereinten Kehlen.

Die Musik des Ghanaers KWAME BEDIAKO ist von der Lebensweise und –weisheit der Rastafaris geprägt. „Komfo“, wie ihn seine Fans nennen, spricht oft von „Wan-Afrika“, also einem vereinigten Kontinent, würzt seine Lyrik mit biblischen Zitaten und lehnt sich damit an Marley an. Auf Tour befindet sich der zwischen Ghana und den USA pendelnde Sänger in bester Gesellschaft, etwa mit King Sunny Ade oder den Wailing Souls. “Steppin’ Into Zion” ist ein Aufruf zum Zusammenhalt in schwierigen Zeiten: “Dieses Rennen ist nicht für die Flinken, diese Schlacht nicht für die Starken, aber für diejenigen, die Durchhaltevermögen besitzen.” Der Track wirkt nicht nur durch den Text, sondern auch wegen seiner wunderbar präzisen Bläsereinwürfe, eleganten Backgroundchöre und der flirrenden Kora im Arrangement überzeugend.

Nun vereinigen sich zwei ganz Große aus Westafrika zum Doppelschlag: Die guineische Band BA CISSOKO wurde durch ihre freche, zündende Art bekannt, die Stegharfe zu elektrifizieren – das brachte der Band das Prädikat „Hendrix auf der Kora“ ein. Dabei gehen sie nicht respektlos ans Instrument heran, vielmehr stehen sie in der altwehrwürdigen Tradition der Griots, die Cissokos Onkel M’Brady Kouyaté den Jungs vermittelt hat. Um die Mandingue-Wurzeln adäquat ins Heute zu überführen, paaren Ba Cissoko die Roots mit modernen Elementen, zu denen in “On Veut Se Marier” auch der Reggae gehört. In dieser organischen Vermählung von Alt und Neu erhalten Ba Cissoko Unterstützung vom ivorischen Reggae-Star TIKEN JAH FAKOLY. Der 40jährige macht seinem Vorbild Alpha Blondy schon fast den ersten Rang unter den Reggae-Künstlern der Küste streitig. Seit 1987 mischt er auf dem Offbeat-Parkett mit, vor allem als mahnende Stimme gegen korrupte Politiker und die Folgen ihrer Machenschaften für die Dritte Welt. Fakoly ist dem jamaikanischen Sound tief verpflichtet, sein Durchbruch-Album Françafrique von 2001 hat er gar in den legendären Tuff-Gong-Studios zu Kingston eingespielt. Textlich räumt der partnerschaftliche Song des Ivorers mit seinen Kollegen aus Guinea mit schlimmen Vorurteilen auf - nämlich denen, dass ein Musiker unfähig sei, ein treusorgender und liebender Ehemann zu sein.

Mit ivorischem Reggae geht es nochmals weiter: SERGES KASSY, wiederum in der Hochburg Treichville beheimatet, fühlt sich ebenso in der Nachfolge von Alpha Blondy wie in der von Burning Spear und Bob Marley. Die trockene Laufbahn des Buchhalters gab er zugunsten der Musik schließlich auf, nachdem er schon längere Zeit mit seiner Band The Roots einen beruflichen Ausgleich gefunden hatte. 1990 setzte er alles auf die musikalische Karte. Geprägt von den Erlebnissen des Bürgerkriegs in der Côte D’Ivoire geht es in seinen Liedern oft um die Verantwortung der Politiker und um Machtmissbrauch. Für den Kampf hiergegen ist der Reggae sein probates Mittel, wie „Jah Libilé“ (Gott ist auch schwarz) beweist: „Gott hat uns nach seinem Ebenbild geschaffen“, singt er, „und das bedeutet, dass er gelb, schwarz, weiß und rot ist.“

Aus Nigeria kommt die Schlusshymne, mit einem Mann, dessen Name auf den Putumayo-Scheiben schon einen guten Klang hat. MAJEK FASHEK (zu deutsch etwa „Kraft der Wunder“) bezieht seine Nährstoffe sowohl aus der Musik von Marley als auch aus den Errungenschaften des Landsmannes Fela Kuti. Sein Stil ist der Pangolo, ein Mix verschiedenster Elemente wie Juju, Highlife, Reggae und Zouk. Fashek stammt aus Benin City, einst Sitz des Sini-Königreiches – dort wuchs er in die Tradition der religiös gefärbten Olokun-Rhythmen hinein. Bekannt wurde er in seinem Heimatland mit dem Song „Send Down The Rain“, von dem viele seiner Landsleute glauben, er habe tatsächlich eine damals herrschende Dürre beendet. „Man Of Sorrow“ ist nicht weniger charismatisch: Die epische Nummer breitet über einem infektiösen Reggae- Groove verzerrte Rockgitarren, feuriges Sax und natürlich Fasheks wahrhaftig an Kuti gemahnende Stimme aus, mit der er auffordert, nicht den Kopf hängen zu lassen und auf bessere Tage zu hoffen.

Reggae auf der Reise durchs Motherland: Ob am Kap, in der Savanne oder der kreolischen Inselwelt, die Wurzeln treiben auf dem afrikanischen Kontinent vielfarbige Offbeat-Blüten.

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