Putumayo Presents:




NEW ORLEANS BRASS

EXIL 90438-2 / LC 08972 / VÖ: 26.10.2007 / DISTRIBUTION: INDIGO

1. James Andrews: “Bourbon Street Parade” (Paul Barbarin) 5’52”
2. The Yockamo All-Stars: “Blow, Blow Tenor” (Glenn Patscha) 3’18”
3. Leroy Jones: “Whoopin’ Blues” (John Casimir) 3’10”
4. John Boutté: “I’ll Fly Away” (Albert E. Brumley) 3’51”
5. Glen Andrews & The Lazy Six: “Over In The Gloryland” (Public Domain arranged by Glen Andrews) 4’38”
6. Troy Andrews: “Dreamboat” (David Franklin/Cliff Friend) 3’33”
7. Dirty Dozen Brass Band with Dr. John: “It’s All Over Now” (B.Womack, S.Womack) 4’56”
8. Bob French’s Original Tuxedo Jazz with Leon “Kid Chocolate” Brown:
“St. James Infirmary Blues” (Public Domain arranged by Bob French) 4’48”
9. Preservation Hall Hot 4: “Dinah” (Harry Akst, Sam Lewis, Joe Young) 4’59”
10. Kermit Ruffins: “Treme Second Lime (Blow Da Whistle)” (Kermit Ruffins) 5’48”
11. Dukes of Dixieland: “Saints (Street Beat)” 2’45”


Bei uns in Europa haben die Blechbläser vom Balkan in den letzten Jahren eine wahre Begeisterungsflut ausgelöst. Der Party-Faktor der schmetternden Trichter hat die gesamte Musikszene der Alten Welt ein wenig mehr gen Osten verlagert, so scheint’s. Dass auf der anderen Seite des Atlantiks der Brass gar keines Booms bedarf, sondern immer fest verankerter Bestandteil der Pop History war, wird schnell klar, wenn man der City Of New Orleans auch nur einen kurzen Besuch abstattet. Blech, wohin das Ohr reicht: Bei den Second Line-Paraden, bei den Mardi Gras-Festivitäten, auf Beerdigungen und natürlich auch in den traditionsreichen Clubs. Blaskapellen, seit 200 Jahren Residents im Big Easy, haben seit den Anfängen des letzten Jahrhunderts die Entwicklung des Jazz mitgeprägt, waren in der Ära des Rhythm’n’Blues und Rock’n’Roll omnipräsent und behaupten sich in immer neuen Revival- und Crossover-Wellen hartnäckig in der Crescent City. So lässt sich die Szene auch durch die Hurricane-Katastrophe von 2005 nicht unterkriegen. Putumayo erzählt mit altgedienten Legenden wie den Dukes Of Dixieland, Innovatoren der Nachfolge-Äras wie den Dirty Dozen und Rebirth Brass Band-Gründer Kermit Ruffins bis hin zu neuen Heißspornen wie Troy Andrews und Leon Brown eine Geschichte mit mächtig viel heißem Atem und swingender Passion.

Ein Teil der Erlöse aus diesem Album geht an den Renew Our Music Fund. Der Fund der Preservation Hall will helfen, die Traditionen der Stadt bewahren, indem er Institutionen und Künstler unterstützt. Dabei erstreckt sich seine Arbeit auf alle Genres und kommt der Musikerziehung, Clubs und Ausübenden, also der gesamten kulturelle Struktur der Stadt zugute. So soll eine musikalische Wiedergeburt des zerstörten New Orleans angestrebt werden. Mehr Infos: www.nomhrf.org

Ein Stilmosaik, genau so bunt wie seine Stadt, hat der Vokalist und Trompeter JAMES ANDREWS zusammengepuzzelt: Schon als Knabe hing er bei den Veteranen der Preservation Hall ab, erhielt gleichzeitig eine Ausbildung beim Jazzgitarristen Danny Barker. Und den R&B hat er ohnehin im Blut, als Enkel des Genrestars Jessie Hill, der sich in den 1960ern in die Musikhistorie eingeschrieben hatte, mit Hits wie „Oh Poo Pah Doo“. Andrews kann auch seine Vorliebe für den Urvater der New Orleans-Musik nicht verhehlen, wie sich in seiner Hommage an die wohl berühmteste Straße der Crescent City, der „Bourbon Street Parade“ offenbart: Nach einem typischen Marching Band-Intro bricht er mit sympathischer Urgewalt in einen Scat aus, der Louis „Satchmo“ Armstrong sicherlich gefallen hätte. Das explosive Wetteifern zwischen Trompete und Trombone ist zugleich auch ein geschwisterlicher Dialog: Am Posaunen-Zug agiert der jüngere Andrews-Bruder Troy.

New Orleans fungierte oft als Impulsgeber für die gesamtamerikanische Musikhistorie. Die YOCKAMO ALL-STARS erinnern in diesem Kontext an die wohl lebendigste Ära der Stadt: In den 1950ern vibrierte der schwarze Rhythm’n’Blues mit Größen wie Fats Domino und Ray Charles, der hier seinen ersten Hit „I Got A Woman“ einspielte. Parallel empfing man am Delta auch etliche Vertreter des weißen Rock’n’Roll, unter ihnen Little Richard, der hier Kracher wie „Tutti Frutti“ auf Band bannte. Die All-Stars reflektieren diese goldene Periode in „Blow, Blow Tenor“, indem sie dem Saxophon huldigen – es ersetzte damals die Klarinette in den Brass Bands und spielt im vorliegenden Titel eine besonders pausbäckige Rolle.

Mit LEROY JONES ziehen wir den Hut vor einem Brass-Urgestein, ohne in museale Attitüde zu verfallen: „Whoopin’ Blues“ war einer der Knaller in den 1920ern, als er von King Oliver und seinen Mannen populär gemacht wurde. Jones bereichert den Evergreen mit seinem Trompetenspiel anhand einer Cool Jazz-Note. Den hat er genauso verinnerlicht wie die traditionelleren Schattierungen von New Orleans. Auch geographisch fährt der Virtuose mehrgleisig: Einerseits wirkt er umtriebigst in der Heimatstadt, andererseits hat er auf Tourneen als Musical Director der Band von Harry Connick, Jr. die Welt gesehen. Sein kuriosestes Projekt: Die New Orleans-Helsinki Connection, eine Band, die neben Musikern Louisianas auch Skandinavier und Japaner in ihren Reihen empfangen hat.

Wir freuen uns über ein Wiederhören mit JOHN BOUTTÉ, der auf New Orleans Christmas (Putumayo 2006) schon eine wunderbar subtropische Version des Klassikers „White Christmas“ dargeboten hat. Speziell für dieses Album ist er wiederum mit einer ganz speziellen Tune ins Studio marschiert, flankiert von einer prächtig eingespielten Blechriege. Der Mann, den sie in Italien ob seiner stimmlichen Ähnlichkeit mit Harry Belafonte verschmitzt „Belafontini“ nennen und der sich erst nach einer Ermutigung durch Stevie Wonder zur Musikerkarriere entschloss, hat hier ein Spiritual des 19. Jahrhunderts adaptiert. „I’ll Fly Away“ erstrahlt in neuartig groovendem Glanz – ein fulminanter Transfer von den Baumwoll-feldern des Mississippi in eine elegante R’n’B-Nummer, mit einer Bläser-Sektion, die Bouttés schmelzendem Organ niemals die Star-Rolle wegnimmt.

Wir bleiben in der spirituellen Sphäre: Einem alten Gospelsong erweisen GLEN ANDREWS & THE LAZY SIX eine besondere Ehre. „Over In The Gloryland“ fand schon vor langer Zeit seinen Weg ins Repertoire der New Orleans Brass Bands und wird hier mit hibbeliger Snare-Drum, übermütigen Bläsern, improvisatorischen Interludien und der knarrenden Stimme von Andrews umgesetzt. Der Sänger und Posaunist fand schon mit 13 zu seinem Instrument und ist tief verwurzelt in der schwarzen Tradition. Kein Wunder, denn seine Wiege steht in Tremé neben dem French Quarter, eines der ältesten afro-amerikanischen Viertel der USA, wo sich bis heute viele Blechbläserparaden abspielen.

Mit dem älteren Bruderherz James haben wir ihn eingangs schon vernommen, jetzt kommt TROY ANDREWS solistisch zur Geltung: Auch er stammt aus Tremé und ist mit seinen 22 Lenzen einer der unbestrittenen Newcomer der Crescent City. Troy, mit Kosenamen „Trombone Shorty“, griff schon mit fünf Jahren zur Posaune, als sein Instrument ihn noch locker an Korpuslänge übertraf. Und heute vermittelt der Youngster zwischen den Jahrhunderten: Er war zum einen mit Lenny Kravitz auf Tour und hat auf der anderen Seite 2002 ein Album mit dem dienstältesten Trompeter der Stadt, dem 90jährigen Lionel Ferbos aufgenommen. Mit „Dreamboat“, aus ebenjenem generationsüberbrückenden Werk beweist er außerdem die nie versiegende Adaptions- fähigkeit der Brass-Tradition, schließlich kennt man das Standard sonst auch von Bing Crosby oder Brenda Lee.

Ein Gipfeltreffen, das 1989 für Zungenschnalzen sorgte: Auf dem Album Voodoo fanden sich die Innovatoren des Brass für eine Nummer mit einer Weltlegende des R’n’B zusammen. „It’s All Over Now“, geschrieben vom Soulman Bobby Womack und von den Rolling Stones zum Nummer Eins-Ruhm in England geführt, erklingt hier im kongenialen Teamwork der DIRTY DOZEN BRASS BAND mit DR. JOHN. Das dreckige Dutzend war in den 1980ern federführend in der Erneuerung der blechernen New Orleans-Töne mit Funk, Rock und Jazz und brachte die alten Klänge der Stadt wieder ins Bewusstsein eines breiteren und jüngeren Hörerkreises. Mac Rebennack alias Dr. John dagegen war schon Jahrzehnte zuvor ein Barrikadenniederreißer zwischen Jazz à la Louis Armstrong, Blues, Country und Gospelklängen bis hin zu Boogie und Rock’n’Roll. Und so funktionieren seine bärbeißigen Vocals und seine Funkenflüge auf den Tasten hier mit den erfindungsreichen und inspirierten Sätzen seiner blasenden Genossen Seite an Seite.

Eine ähnlich knarzende Vokalkraft enthüllt Nachwuchstrompeter und -sänger LEON „KID CHOCOLATE“ BROWN, der sich hier mit dem Band- leader BOB FRENCH und seiner ORIGINAL TUXEDO JAZZ BAND an eines der Standards amerikanischer Popmusikhistorie schlechthin wagt. Der „St.James Infirmary Blues“ wird hier zum Schaukasten für alles, was der New Orleans-Tradition lieb und teuer ist: Ein dramatischer Textvortrag, der langsame Paraden-Beat, wie man ihn auch auf Beerdigungen hören kann, und die explosiven, dreckigen Intermezzi der Solo-Bläser. Bob ist der Sprössling der Bigband-Legende Gerald French und hat seine Schule als Begleitmusiker von Fats Domino und anderen absolviert, bevor er die Tuxedo-Combo von seinem Vater übernehmen durfte.

Und nun zum intimsten Beitrag der Kompilation: Um die Atmosphäre alter Jazz-Aufnahmen wieder auferstehen zu lassen, fand sich eine Quartettbesetzung der PRESERVATION HALL 4 in einem großen, leeren Raum zusammen. Resultat: Ein feiner Echo-Charakter, der die Tune „Dinah“ durchzieht, eine Melodie, die vor allem in der Vorkriegszeit sehr beliebt war. Die Trompetentöne kreiert Wendell Brunious, dessen Familie eng mit der Preservation-Band verknüpft ist. Seit 1961 ist die Institution in der St.Peter Street mit ihrer dazugehörigen Combo Garant für die Lebendigkeit des New Orleans-Jazz, gerade nach dem Hurricane Katrina spielt sie in der Förderung junger Talente eine wichtige Rolle.

Wer die Putumayo-Releases der letzten Jahre mitverfolgt hat, für den ist KERMIT RUFFINS schon ein liebgewonnener alter Bekannter, hat er auf dem bunten Label 2005 doch ein eigenes Album veröffentlichen können. Mit den Frazier-Brüdern Philip und Keith war Kermit Begründer der Rebirth Brass Band, neben den Dirty Dozen führende Köpfe der musikalischen Verjüngungsbestrebungen der Stadt. Ruffins ist in vielen Clubs der Stadt bekannt wie ein bunter Hund und gehört zweifelsohne zu den „hardest working men“ der Metropole. Mit der „Treme Second Line“ präsentiert er eine Hommage an den Mardi Gras-Karneval, zu dem sich die Blaskapellen nebst begleitenden Fans regel-mäßig in wandernde Partys verwandeln.

“Saints“ nennen sie es kurz, doch natürlich verbirgt sich das Spiritual „When The Saints Go Marchin’ In“ hinter dem Kürzel, zugleich wohl die weltweit bekannteste Tune aus New Orleans: Die DUKES OF DIXIELAND setzen wie schon auf der New Orleans Christmas-Sammlung den Schlusspunkt im Reigen der Kapellen. Als führende Akteure des Jazzrevivals der 1950er, als Begleitband für Louis Armstrong auf zwei famosen Platten, als Liveband im Disneyland von Kalifornien - überall machten die „Herzöge“ italo-amerikanischer Provenienz eine gute Figur. Ehrensache, dass die Heiligen aus dem Songtext bei den Dukes im hitzigem Tempo, zu Trompeten und Klarinettensoli und raukehlig-spritzigem Gesang auflaufen.

Der Big Easy swingt auch im 21.Jahrhundert in Trompeten-, Posaunen- und Tuba-Trichtern, stolz begründet in afro-amerikanischer Kultur, bereichert durch R’n’B und Rock’n’Roll, angetupft durch Modern Jazz, Gospel und Funk.

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