Putumayo Presents:

BRAZILIAN PLAYGROUND


EXIL 90436-2 / LC 08972/ VÖ: 21.9.2007 / DISTRIBUTION: INDIGO

1. Gui Tavares: “Pancada” (Aguinaldo Guilherme Tavares)
2. Roberta Sá: „Tum Tum Tum“ (Ary Monteiro / Cristóvão De Alencar )
3. Luiz De Aquino: « Morena » (Luiz de Aquino )
4. Cláudio Jorge: “Coco Sacudido” (Claudio Jorge and Nei Lopes)
5. Marissa: “Alô Alô” (Andre Filho)
6. Paulinho Guima: “Êh! Sanfonero (Paulo Guimaraes)
7. Nazaré Pereira: “Forro No Escuro” (Luiz Gonzaga)
8. Gabriel Moura: “Tem Fila” (Gabriel Moura/Mauricio Baia/Jovi Joviniano/Carlos Negreiros)
9. Teresa Cristina: “Se A Alegria Existe” (Teresa Cristina)
10. O Karaíva: “ Xote Das Meninas (Ela Só Quer)“ (Ze Dantas/Luiz Gonzaga)
11. Adriana Maciel: “Samba Dos Animais” (Jorge Mautner)
12. Gilberto Gil: “Expresso 2222” (Gilberto Gil)
13. Moska: “Marinheiro Só” (Public Domain, arranged by Caetano Veloso & Emanuel Capinam)

Brasiliens musikalischer Reichtum ist wie geschaffen, einem Kind spielerisch verschieden geartete Lieder, Rhythmen und Tänze nahe zu bringen und en passant auch eine Menge über die Natur und die Städte des Landes zu vermitteln. Kindgerechte Songs aus dem alten und neuen Rio, aus São Paulo und Salvador, vom Amazonas, aus dem nordöstlichen Hinterland. Launiger Samba, die munteren Vertreter der Forró-Familie, erfrischende Bossa ergeben ein rundes Gesamtbild von einem bunten Kosmos, der zum wahrhaften Abenteuerspielplatz für die Kids wird – in der nunmehr zehnten Folge der beliebten Playground-Marke!

Ein Teil der Erlöse aus dem Verkauf dieser CD geht an die Organisation Axé Project, eines der erfolgreichsten Wohltätigkeitsprojekte Brasiliens, das sich für die Bildung von Straßenkindern einsetzt. Es wird als Modell-Lösung für die Probleme angesehen,denen heim- und elternlose Straßenkinder ausgesetzt sind. Die Initiative arbeitet unabhängig von der Regierung und wird größtenteils von privaten Spenden getragen. Das Axé Project ist offiziell von der UNO, der International Labour Organization (ILO) und Unicef anerkannt. Es trainiert Lehrer und hat Abteilungen für Kultur, Alphabetisierung, Vorbereitung fürs Arbeits- und Berufsleben und Gesundheitserziehung gebildet. Mehr Infos: www.projetoaxe.org.br

Unser Streifzug über die tropische Spielwiese startet im Bundesstaat São Paulo. Die Megapolis ist bekannt für ihr multikulturelles Einwanderergefüge, neben Japanern und Deutschen beherbergt sie viele Menschen italienischer Herkunft. GUI TAVARES aus Campinas ist einer von ihnen. Gui machte sich schon sehr früh mit der Gitarre vertraut, eignete sich Kenntnisse sowohl im klassischen als auch im Jazzfach an. Schließlich spezialisierte er sich auf Komposition und Instrumentation, leitete in Rio Chöre und übernahm die musikalische Leitung einer Show zur 500-Jahresfeier Brasiliens. Parallel jedoch drängte immer wieder seine Liebe für die Bossa Nova in den Vordergrund, passend dazu ließ er sich 1986 in Rio nieder. Ein Fokus seiner Arbeit lag stets auf der Arbeit mit Menschen aus den Slums, wie z.B. seine Musikprojekte und Gesangtherapien in Lateinamerikas größter Favela, der Rocinha in Rio de Janeiro. Ein weites Spektrum von Kollaborationen ziert seine Vita: Er stand in Brasilien, aber auch in Paris und London – wo er jetzt lebt – mit Prominenz wie Joyce und Azymuth auf der Bühne. In „Pancada“ singt er über ein altes Auto, das fast auseinander fällt, sein Eigenleben hat und gerade deshalb von seinem Besitzer geliebt wird.

Sie ist eine der vielversprechendsten Newcomerinnen der Música Popular aus Rio und – sieht man von einem fulminanten Auftritt beim Summerstage 2006 von Funkhaus Europa ab – hierzulande noch quasi unbekannt. ROBERTA SÁs Fach ist Bossa Nova und Samba gleichermaßen, ab und zu nimmt sie sich auch Rocknummern und Klassikern der Musik des brasilianischen Nordostens an, denn da stammt sie auch her: Roberta wurde in Natal, Rio Grande do Norte geboren, kam mit ihren Eltern als Kind aber schon in Rios quirligen Südzonen-Stadtteil Leblon. Debütiert hat sie in der TV-Sendung „Fama“, Brasiliens Pendant zu unseren “Superstar“-Shows, interpretierte dann einen Titelsong zu einer Telenovela. Ihre erste Solo-CD Braseiro (2004) katapultierte sie kräftig ins Rampenlicht, Kritiker bescheinigen ihr die Kapazitäten von Marisa Monte. Das schlichte „Tum Tum Tum“ hat ein bezaubernd-folkloristisches Flair und wurde schon vor Jahrzehnten durch Jackson do Pandeiro, Brasiliens erstem Popstar bekannt. Der Song widmet sich lautmalerisch dem beschleunigten Herzschlag, den man hat, wenn jemand vorübergeht, in den man sich verschossen hat.

Von der Cidade Maravilhosa, der wunderbaren Stadt am Zuckerhut, mitten in den Amazonas: Das kleine Parintins ist dort alljährlich Schauplatz des Boi Bumba-Spektakels, in dem Tausende von aufwändig kostümierten Teilnehmern einem mythischen Ochsen huldigen. Für dieses Festival existieren etliche musikalische und tänzerische Begleitwettbewerbe, in dem auch das hier zu hörende Lied “Morena” gesungen wird: „Dieser Ochse gehört dem Farmherren, tanz und tanz und dreh dich kleines Mädchen, halte deinen Rock und dreh dich.“ Vorgestellt wird diese reizende Miniatur von LUIZ DE AQUINO, ein Singer-Songwriter der heute in La Douce France ansässig ist. Ursprünglich kommt der Komponist und Gitarrist aus São Paulo und wirkt in verschiedensten Feldern wie Film und Fernsehen, klassische Musik, HipHop und Jazz. Wie versiert der Brasilianer in Paris ist, hat er schon mit einer Verzwirbelung von Bossa, Tango und Musette auf Putumayos Latin Lounge bewiesen.

Zurück nach Rio: Hier versorgt uns CLÁUDIO JORGE mit einer „Coco Sacudido“, einer geschüttelten Kokosnuss. Der Canção befasst sich jedoch mit noch grundlegenderen Themen als der tropischen Frucht, denn hier geht es um Glücksbringer, auf die der Sänger vertraut. Das Setting hierfür ist der Maxixe (sprich: ma’schischi), ein Genre, das als einer der unmittelbaren Vorläufer des Samba gilt und mit einer Bigband aus Flöten, Trompeten und Posaunen dargebracht wird. „Pelo Telefone“, der erste, nahezu 100 Jahre alte Samba der brasilianischen Musikgeschichte, war noch ein Maxixe. Cláudio Jorge ist eng mit der Szene um die Sambaschule von Vila Isabel verbunden, für die er Songs komponiert, außerdem bekleidet er die Position des Arrangeurs und Gitarristen in der Band des größten aktuellen Vila Isabel-Sambistas, der international renommierte Martinho Da Vila. Als gefragter Sessionmusiker erstrecken sich seine Teamworks aber bis in den Bossa und MPB-Bereich, wo er schon u.a. mit João Donato oder Carlos Lyra gearbeitet hat. Hier übernimmt ein anderer enger Freund, Nei Lopes, den zweiten Vokalpart.

Ihr Name ist schlicht, doch die Wirkung enorm: MARISSA ist eine der Novizinnen der Electrobossa-Riege, die sie mit ihrer Partizipation bei den elektronischen Pionieren von BossaCucaNova betreten hat. 2005 trat sie aus dem Schatten des Projekts heraus, um ihre erste Solo-CD auf die Öffentlichkeit loszulassen. Ein Exzerpt daraus war schon auf der Brazilian Lounge-Scheibe des bunten Verlags zu vernehmen. „Alô...Alô” schließt sich an die sonnig-kybernetische Bossalaune an und könnte zum nahtlosen Nachfolger des „Telefone“-Songs von Roberto Menescal aus den 1960ern avancieren.

Eine fröhliche Tastenarbeit schließt sich an: „Êh! Sanfonero“ ist eine Widmung an den Akkordeonspieler (sanfoneiro), der in der nordestinischen Musik Brasiliens, die oft unter dem Sammelbegriff Forró läuft, eine wichtige Rolle spielt. PAULINHO GUIMAs Lied erzählt – schön in den Stimmungswechseln nachzuhören - die Geschichte eines Akkordeonisten, der vom Land nach Rio zieht, um dort Jazz zu spielen. Auch Guima zählt zu der großen Exilgemeinde jener Musiker, die in Paris eine neue Wirkungsstätte gefunden haben. Schon vor seiner Übersiedlung hat Paulinho als Gitarrist in Rio Größen wie Alaíde Costa und Leila Pinheiro begleitet. Seit 20 Jahren tummelt er sich rührig an der Seine, Höhepunkt ist das Album João Cachaça, auf dem er musikalisch verschiedene Originale aus den Straßen von Rio porträtiert - wie eben unseren Ziehharmonikamann.

Wir bleiben in Frankreich: Zu den festen Größen der franko-brasilianischen Szene seit den 1970ern zählt NAZARÉ PEREIRA. Die Mulattin, die im tropischen Norden an der bolivianischen Grenze geboren wurde, verlebte ihre Jugend in der Amazonen-Metropole Belém, Schmelztiegel indianischer, karibischer und afrikanischer Einflüsse sowie Heimstatt des Lambada und einer Menge anderer Rhythmen. Ihr Repertoire umfasst viele Aspekte der Musik Brasiliens – hier hat sie sich einem Forró (s.o.) mit Akkordeon, Zabumba-Trommel und Triangel verschrieben, der den nächtlichen Tanz preist, die Rhythmen, die bis zum Sonnenaufgang weitergehen sollen, auch wenn die Musikanten schon am Eindösen sind.

Eine Exkursion ins Zentrum des größten Samba-Heiligtums, in die Mangueira, Rios traditionsreichste Escola de Samba: Hier wuchs GABRIEL MOURA auf, der Neffe des berühmten Klarinettisten Paulo Moura. Mit Blues und gemeinsamen Bar-Auftritten mit dem Onkel begann er seine Laufbahn, schwenkte dann aber in die Produktion von Theatermusiken ein. In den Neunzigern traf er auf einen gewissen Jorge Mário, für dessen markante Stimme er Lieder schrieb und mit dem er die Band Farofa Carioca gründete. Mouras Vokalistenfreund sollte später unter dem uns bekannten Namen Séu Jorge weltweit reüssieren. Farofas CD Moro No Brasil wurde 1998 zu einem Kultobjekt der Samba-Funkgemeinde – auch im gleichnamigen Musikfilm des Finnen Mika Kaurismäki wurden Gabriel Moura und Séu Jorge gefeaturet. Neben Europa-Tourneen mit Paulo Moura und intensiver Theaterarbeit ist Gabriel auch solo unterwegs: ”Tem Fila” im Baião-Rhythmus stammt von seinem Werk Brasis und zeigt ihn auch als versierten Interpreten der nordöstlichen Musik.

Wenn wir schon bei Kaurismäki sind: Als Nachfolger zu seinem Moro No Brasil-Streifen drehte der kauzige Regisseur eine intime Studie über die Musik des alten Rio, den Chôro. In diesem Dokument namens Brasileirinho gastiert auch einer der wichtigsten Namen der aktuellen, mächtig wiedererstarkten Chôro- und Samba-Szene: Es ist TERESA CRISTINA, die mit ihrer Gruppe Semente in der gleichnamigen Bar im vibrierenden Viertel Lapa unterhalb des berühmten Zuckelbahn-Aquädukts ihr Zuhause hat; dort kann man sie manchmal an mehreren Abenden die Woche erleben. Teresa wird in Rio hochgeschätzt, nicht zuletzt seit ihrer Teilnahme an einem Tributalbum für den großen Samba-Poeten Paulinho da Viola. „Se A Alegria Existe“ kommt von ihrem brandaktuellen Album Samba Novo.

Ein weiterer Rhythmus aus der großen Forró-Familie ist der Xote (sprich: ’scho-tschi). Der bei uns auch als „Schottisch“ bekannte Tanz entwickelte sich durch die Mitbringsel deutscher Auswanderer und afro-portugiesische Einflüsse zu seiner jetzigen tropischen Variante. „Xote Das Meninas (Ela Só Quer)“ rangiert unangefochten unter den bekanntesten Vertretern des Genres und ist vor allem durch die Version des großen Luiz Gonzaga bekannt geworden, einem der frühen Giganten pernambukanischer Musik. Sein Erbe tragen nun O KARAÍVA weiter, eine der frischen Nachwuchsbands im Nordosten.

Einer unserer Spielplätze steht auch in der Kapitale Brasilia. Die von klein auf musikbegeisterte ADRIANA MACIEL lernt mit 14 Querflöte spielen und kam später im Laufe ihrer Studien am Theater in Rio zum Gesangsfach, als sie eine Piazzolla-Bearbeitung schmetterte. Nach mehreren solcher Bühneneinsätze bekam sie 1996 die Chance zur Aufnahme einer Solo-CD, die vom Multitalent Celso Fonseca produziert wurde. Der “Samba Dos Animais” (Tiersamba) ist ihrem bereits dritten Werk entlehnt, Poeira Leve, das durch seinen extrem relaxten Flow einen ruhigen Gegenpol zur hektischen Welt setzen soll, wie Adriana selbst betont. Von Celso Fonseca über Zeca Baleiro bis Moska (s.u.) sind hier auch viele Gäste vertreten, die den Putumayo-Hörern bekannt sind. Die nette Miniatur könnte als Öko-Song bezeichnet werden, erzählt Adriana hier doch über den verlorengegangenen Bezug zur Natur.

Wie soll man ihn in ein paar Zeilen würdigen? GILBERTO GIL, nach Tom Jobim vielleicht der bekannteste Musiker Brasiliens überhaupt: Protagonist des Tropikalimus in den 1960ern, Exil in London und anschließender MPB-Ruhm in den Siebzigern, seit fast 40 Jahren stets dabei, sich neu zu erfinden in den Modeströmungen von Rock und Reggae über Pop bis afrobrasilianisch geprägter Weltmusik. Ach ja, und Kulturminister unter Lula natürlich auch, weshalb die Musik ja neuerdings leider zu kurz kommt. „Expresso 2222“ stammt aus einer seiner produktivsten Frühphasen und ist der Titelsong zum gleichnamigen, 1972 veröffentlichten Album, als die MPB-Ikone gerade aus dem Londoner Exil zurückgekehrt war, wohin er aufgrund Differenzen mit der brasilianischen Militärdiktatur ausgewichen war. Im Song berichtet er über einen Zug, der Richtung Zukunft rast.

In Bahia, dem Staat mit dem größten Anteil schwarzer Bevölkerung, endet unser Trip. „Marinheiro Só“, das Lied über den einsamen Seemann, ist ein fest im Bewusstsein der dortigen Einwohner verankertes Traditional – mit seinen Antwort-chören, hier durch eine lustige Kinderschar verkörpert, stark angelehnt an die afrikanische Herkunft der bahianischen Kultur. PAULINHO MOSKA interpretiert immer wieder mit viel Einfühlungsvermögen Songs aus Salvador und Umgebung, obwohl er aus Rio stammt. Einst Rockheld und Frontmann der Band Inimigos Do Rei hat er sich seit den Neunzigern mit einem brillanten Akustikpop hervorgetan.

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