1. !DelaDap: ”Zsa Manca” ( ) 4’55”
2. Shantel: ”Bucovina” ( ) 3’21”
3. Gipsy.cz: ”Jednou” ( ) 3’12”
4. Amsterdam Klezmer Band: ”Sadagora Hot Dub” (Shantel Remix) ( ) 5’11”
5. Balkan Beat Box: ”Sunday Arak” ( ) 4’47”
6. Karen Gafurdjanov: ”Yor Uzga” ( ) 3’34”
7. Magnifico & Turbulentza: ”Zh Ne Sui Pa Pur Tua” ( ) 3’20”
8. Anselmo Crew: ”Süt Ictim Dilim Yandi” ( ) 3’39”
9. Kistehén Tánczenekar: ”Virágok a Réten” (Romano Drom Remix) ( ) 3’57”
10. Luminescent Orchestrii: ”Amari Szi, Amari” (Amon Remix) ( ) 3’04”
11. Eastenders: ”Vino Iubirea Mea” (!DelaDap Remix) ( ) 3’57”
Roma, Rap und Reggae? Gypsies auf globalem
Dancefloor? Paarbildungen, die nicht absonderlich sondern nur logisch erscheinen.
Denn von jeher hat die Musik der Roma sich nie in eng abgezirkeltem Kreise
abgespielt. Wie auch - war das fahrende Volk mit seinen Klängen doch im unermesslich
großen Kulturraum zwischen Rajasthan und Andalusien unterwegs – mit einer
hohen Verdichtung auf dem Balkan. Und genau aus dessen Tönen rekrutiert sich
derzeit der vielleicht größte Hype der World Music : Was
mit der Russendisko auf der einen und den fantastischen Blechbläserbands und
Gypsy-Kapellen wie der Fanfare Ciocarlia oder den Taraf De Haïdouks begann,
hat sich mittlerweile vor der DJ-Box vereinigt: Brass trifft auf Beats, Cimbalon
auf Crossover, Doina auf Dub. Putumayo beleuchtet die Szene mit Stopps
bei den Platzhirschen des Booms wie Shantel und den Eastenders, gräbt aber
auch wieder allerhand Unerhörtes von tschechischem HipHop über slowenischen
Chanson-Reggae bis zu ungarischen Megahits und New Yorker Balkan-Punk aus.
Ein Teil der Erlöse aus dieser CD gehen an den Roma Education Fund. Der Fund
mit Sitz in Budapest kümmert sich um die Überwindung des Bildungsnotstandes
bei den Roma und will ihnen ein hochqualitatives Ausbildungssystem ermöglichen,
dass auch die Rassentrennung aufhebt. Seine Gründung geht auf die Aktivitäten
innerhalb der ”Decade of Roma Inclusion” (2005–2015)
zurück, eine politische Übereinkunft zentral- und südosteuropäischer Staaten,
die Armut und Diskriminierung der Roma mittels regionaler Aktivitäten zu bekämpfen.
In diesem Rahmen arbeitet er mit Regierungen, NGOs und privaten Organisationen
zusammen. Zugleich unterstützt er Recherche, Forschung und Studien, die die
Effektivität der Hilfsprogramme steigern sollen und regt den Austausch von
Ideen und Erfahrungen zwischen den Ländern an, die ein Teil der Decade sind.
www.romaeducationfund.org
Innerhalb der vibrierenden Osteuropa-Szene nehmen sie die Funktion der Quertreiber
ein, denn in die gängigen Schemata der Blaskapellen oder Gypsy-Combos kann
man sie einfach nicht hineinzwängen. Manifestiert hat sich das Phänomen !DELADAP
(übersetzt etwa “grooven”!) in Wien, doch die Wurzelstränge des Kerntrios
greifen in andere geographische Breiten hinein. STANI VANA
kommt aus Prag, wurde aber in der Kindheit auch von folkloristischen Roma-Tönen
aus der Slowakei geprägt. Mit 22 floh er 1984 aus der CSSR in die Donaumetropole
und versuchte sich als Musiker in Hardcore-Bands und als Produzent im weiten
Feld zwischen Bhangra und Punk. Die Erinnerungen an die Zigeunerklänge hallten
aber immer noch nach und schließlich fand er geeignetes Personal, um seine
Vision umzusetzen: Die Vokalistin MELINDA STOIKA
und ihr Jazzpiano spielender Vater TIBOR BARKOCZY
brachten aus Budapest ihren Background hinzu - und aus dem Trio keimte eines
der innovativsten Ost-Projekte, die die Weltmusikgeschichte je gehört hat.
Man lässt es selbstbewusst unter dem Etikett „Urban Gipsies“ oder „Nu Roma“
firmieren. Downtempo-Beats, Dub und Funk haben hier genauso organisch ihren
Platz wie die sinnlichen Gesangslinien von Melinda im Lovara-Dialekt. Handwerklich
unterstützt wird der neue Sound von Stefan Banyák (Violine), Laszlo Kunu (Gitarre)
und Sándor Budai (Bass). Ihr Debüt Cigani Ruzsa + Angelo war 2004 ein heimlicher
Hit, aufgeladen mit cooler, urbaner Sinnlichkeit und der Würze von Lagerfeuergitarre
und feuriger Violine. Bei “Zsa Manca” (“Komm’ mit
mir”) kommt außerdem noch ein zackiges Cimbalon hinzu, das Hackbrett des osteuropäischen
Raums.
Und hier ist der Mann, der an einem beträchtlichen Anteil des Balkan-Hypes
Schuld trägt: Als Meister des Downtempo und DJ mit Vorliebe für Brasil-Sounds
war der 1968 in Frankfurt a.M. geborene Stefan Hantel aka SHANTEL
schon jahrelang gut im Geschäft gewesen. Sein Club Lissania Essay brachte
Elektro mit einem Schuss Multikulti an den Main, Teamworks mit Kruder & Dorfmeister
flankierten diese Zeit. Als DJ wurde er auch in Osteuropa beliebt und eine
seiner Auftragsreisen verband er schließlich mit einem Besuch im - heute -
ukrainischen Czernowitz, der Heimat seiner Großeltern. Aus dem Familien-Mythos
wurde Realität: Er verspürte “den alten Geist dieses anarchischen, rebellischen
Nebeneinanders der Völker” (O-Ton Shantel) und wurde inspiriert, einen Gegenentwurf
zur anglo-amerikanischen Tanzkultur zu kreieren. Der Bucovina Club ward geboren,
eine Begegnungsstätte für alle möglichen Nationalitäten und Stile. An seinen
Club-Abenden kreiert Shantel – teils vom Pult, teils mit realen Gästen – einen
Spannungsbogen aus trashigen Evergreens von Israel bis Russland, aus Hits
von Goran Bregovic und der Fanfare Ciocarlia, unterfüttert mit House, Ska
und Dub. Kasachok, Polka-Pogo und Bellydance heißen die Reaktionen des tanzwütigen
Publikums. Wir hören hier die Erkennungsmelodie seines Clubs, die für den
globalisierten Balkan das beste Beispiel ist: “Bucovina”
basiert nämlich auf einer trinidadischen Calypso-Melodie.
RADOSLAV BANGA hat das zusammengeführt, was auf
den ersten Blick vielleicht gar nicht so passgenau erscheint: Roma-Erbe und
Rap. Doch wer seiner Posse GIPSY.CZ lauscht, wird eines Besseren belehrt und
bekehrt: Der Straßenjunge aus Prag fühlte sich den HipHoppern des Ursprungsland
seelenverwandt, denn Diskriminierung und Unterdrückung gehörte zu deren wie
seinem eigenen täglichen Brot. In seinen Songs siedelt ergreifendes, rau-beseeltes
Timbre aus der Roma-Tradition unmittelbar neben Sprechgesang, Violinenschmelz
von Vojta Lavcka neben harten Beats. Eine Mélange aus Urbanem und Uraltem,
die auch in einer sinnlich aufgeladenen Ballade funktioniert, wie der Roma-Rapper
in “Jednou” zeigt: “Ich höre Deine Stimme, kann
nicht schlafen, in meinen Gedanken sehe ich Deine blauen Augen, Du bist meine
Dame in Weiß, doch ich will nicht lügen, lieben kann ich Dich nicht....”
Klezmer-Sounds vom entgegengesetzten Ende Europas: In der niederländischen
Grachten-Metropole offenbart sich mit der AMSTERDAM KLEZMER
BAND einer der westlichsten Outposts der Shtetl. Seit 1996 schmuggelt
das Septett um den gebürtigen Ukrainer und Ex-Punk ALEC KOPYT Balkanimporte
nach Benelux, zunächst nur als Straßentrio, doch seit einiger Zeit auch als
international gefeierter Bühnenact mit Auftritten bis hin zur ominösen New
Yorker Knitting Factory. Wobei diese Ware erst mal gehörig durchgerüttelt
wird, bevor man sie unters tanzende Völkchen bringt: Denn ganz unpuristisch
vermengen sich die Zutaten aus jüdischer Tradition und Roma-Musik quirlig
mit den Backgrounds der Musiker – außer Alec sämtlich Niederländer. Und deren
Erfahrungshorizonte reichen eben von Jazz über Pop bis zu arabischen Weltmusikterrains.
Club-Credits erhielt die AKB, als sie ihre Werke 2006 von 13 DJs remixen ließ:
Im “Sadagora Hot Dub” werden wir Ohrenzeuge eines
Akkordeon-Brass-Reggaes, für dessen Tanzbarkeit Shantel gesorgt hat.
Ein weiteres Projekt aus der globalen Gypsy-Philosophie kommt aus Tel Aviv,
hat aber lange schon seine Zelte am Hudson aufgeschlagen. In der BALKAN
BEAT BOX sind ORI KAPLAN und TAMIR
MUSKAT zuhause, israelische Musiker, die seit einer Dekade keine unbeschriebenen
Blätter in der Underground-Szene New Yorks sind. Sie spielten bei Firewater,
Gogol Bordello, kollaborierten mit John Zorn und anderen. Als Jugendliche
hatten sie die Klangfarben der diversen Einwandererszenen Israels aufgesogen,
arabische, sephardische, chassidische Töne, entwickelten aber zugleich schon
eine Vorliebe für die punkige Lebensanschauung. All dies bringen sie nun für
ihre neue Marke zusammen: Die BBB balanciert auf dem Schwebebalken zwischen
Balkan- und Jewish-Soul und Electro, zwischen urbanem Hardcore und authentischer
Tradition. Unterstützt werden sie vom MC und Sänger Tomer Yosef, dem Gitarristen
Uri Kimrot und dem Bassisten Itamar Ziegler. Auf “Sunday
Arak” haben sie clevere Offbeats unter die beschwipsten Bläserarrangements
geschoben – und dem Sax von Kaplan merkt man die Schulung durch einen Meister
an: Der großartige Bulgare Yuri Yunakov war Lehrer des Israeli.
Nun wird der Gypsy Groove aus einer zentralasiatischen Region angefacht, die
aber enge Bande zu Europa unterhält: Usbekistan‘s Städte waren Stationen der
Seidenstraße, seine Bewohner sind Vertreter eines Turkvolks, und lange war
der heute autonome Staat Teil der Sowjetunion. Das bedeutet natürlich eine
Menge Querstreben, die sich über die vergangenen Jahrhunderte in der Volksmusik
und der Klassik des Landes gefestigt haben und heute auch in der Popmusik
Taschkents zu finden sind. KAREN GAFURDJANOV ist
dafür ein lebendiges Beispiel: Bis 1999 Leader der landesweit gefeierten Band
Anor, bewegt er sich mittlerweile auf Solo- Rappen. Der Mix aus traditionellen
Langhalslauten, Spießgeige, Rahmentrommeln und Rockinstrumentarium wird gewürzt
mit Texten in Usbekisch, Russisch, Georgisch und Englisch. “Yor
Uzga” vereint Anklänge an den indischen Bhangra-Rhythmus mit HipHop-Flair
und einem Dialog zwischen der Rubab-Laute und der Geige.
Wo Mitteleuropa und Balkan aufeinandertreffen, haben MAGNIFICO
ihre Homebase. Das Projekt ist Geisteskind von ROBERT PESUT, der sich schon
1992 als enfant terrible der Formation U’redu die Ehre gab. Mit der schockte
er die Öffentlichkeit Sloweniens durch unverblümte Lyrics über Homophobie
und Sexualität. Der Verwandlungskünstler hat seine Spuren im Disco, Funk,
Rock, aber auch im Balkan-Gefilde hinterlassen. Als Filmstar konnte er sogar
die Aufmerksamkeit des italienischen Publikums erregen. Import Export, Pesuts
aktuelles Werk, beinhaltet den Balkan- Chanson-Dub-Hybrid “Zh
Ne Sui Pa Pur Tua” (eine Verballhornung von “Je Ne Suis Pas Pour Toi”)
– die satirischen Zeilen im nicht gerade akzentfreien Französisch werden von
der Gruppe TURBOLENTZA begleitet.
Zweimal machen wir Station im Land der wohl meisten Gypsy-Klischees: Ungarn.
Wer allerdings kitschige Zigeunergeiger erwartet, wird bei der ANSELMO
CREW aus Budapest bitter enttäuscht: Ihre Chancen, einen gut gefüllten
Dancefloor zu ernten, sind dagegen sehr hoch, stellt die Band doch ein besonders
pfiffiges Amalgam aus Balkan-, Turk- und Latin-Flair, aus Reggae, Funk und
HipHop auf die Beine. Im Zentrum der Combo steht der Sänger SZABOLCS ÁRKOSI,
der als Busker in Asien unterwegs war, zwischen Neuseeland und Korea den Trompeter
TAMÁS ERDKÖS und später den Bassisten GERGÖ KATONA fand. Tamás bekam seine
erste Gitarre vom Großvater in die Hand gedrückt, einem italienischen Immigranten
mit Namen Anselmo – da ist es nur billig und recht, die Band nach dem alten
Herren zu benennen! Die Crew glänzte 2004 mit ihrem ersten Album Passport,
bitte... und präsentiert sich hier mit dem offbeatig swingenden Stückchen
“Süt Ictim Dilim Yandi”.
KISTEHÉN TÁNCZENEKAR kennt man hierzulande besser
unter dem Namen THE LITTLE COW. Die kuriose “kleine
Kuh” hat mit ihrem Mix aus Balkantönen, osteuropäischem Folk, Pop-Attitüde
und Einsprengseln aus afrikanischer Musik und Ska in Ungarn bereits Hitfabrik-Charakter
erlangt, man hört von ihrem Megaseller “Szájber Gyerek” (“Cyberkid”), der
in der Heimat Verkaufsrekorde erzielte und Song des Jahres 2005 wurde. Ihre
Musik nennen sie selbst “Crazy Listening”, was den Kern des Sounds am Kreuzweg
zwischen Manu Chao und Element Of Crime wohl ganz gut trifft. Nach drei Alben
steht diese spleenige Band um Frontmann LÁSZLÓ KOLLÁRKLEMENCZ nun auch in
Deutschland in den Startlöchern: Die Kollegen von Eastblok werden Ende Februar
das Little Cow-Album I’m In Love With Every Lady veröffentlichen. “Viragók
A Réten” (“Blumen auf der Wiese”) stammt von diesem neuen Werk und
entstand im Teamwork mit den bekannten Roma-Landsleuten ROMANO DROM, die eine
sehr urwüchsige Gypsy-Einfärbung ins Arrangement einbringen.
Nochmals zurück in den Big Apple: Ein so amorphes Bandgefüge wie das des LUMINESCENT
ORCHESTRII hätte man da wahrscheinlich nicht erwartet. Ein Zirkuskomponist,
eine Fiedelspielerin, ein Mitglied eines Experimentaltheaters und ein Freejazz-Bassist
sind nur ein paar der humanoiden Zutaten die hier aufeinander treffen. “Gypsy
Tango Klezmer Punk Acoustic String Band” bringen es die Orchesterinsassen
auf den Punkt, wenn man sie nach der Stilrichtung fragt. Die Alternative-Szene
New Yorks ist entzückt über diese unorthodoxe Combo, die hier mit einem traditionellen
Roma-Nonsens-Lied namens „Amari Szi, Amari” aufwartet:
Die Schwiegertochter wird hier wegen ihres Mundes voller Silber verspottet.
Eine Aufpeppung hat das Liedchen durch AMON erfahren – hinter dem Decknamen
steckt der Perkussionist und Produzent ERTAL DAWG aus Brooklyn, bekannt für
seine Grenzverwischungen zwischen elektronischer und akustischer Weltmusik.
Auf der Zielkurve kehren wir am Main ein: Wie viele Liebhaber des gepflegten
World Dancefloors wissen, steckt hinter dem Namen EASTENDERS
der Frankfurter STEFAN MÜLLER, der mit seinem deutschtürkischen Kollegen CEM
BULDAK aka AFIT dafür gesorgt hat, dass auch Deutschland ein Wörtchen im global
geschwängerten Clubgenre mitzureden hat. Die Hessen beziehen ihre Inspirationen
aus der Musik des Nahen Ostens, vom Balkan und Indien, und können auf Kollaborationen
mit Gypsy-Straßenmusikern, dem türkischen Rapper Sultan Tunç und dem Algerier
Hamid Baroudi zurückblicken. Ihr Hit “Vino Lubirea Mea”
, in dem sie den rumänischen Sänger DANUT VASILE als schmachtenden Crooner
featuren, stammt aus dem vielgepriesenen Debüt Along The Path und ist hier
in einer Sonderbehandlung zu hören – und damit schließt sich der Kreis: Remixed
wurde er von keiner anderen Band als !Deladap,
die uns in diese Tour anfänglich hineingeleitet hat.
Ost-Herz und West-Beat in kybernetischer Verzwirbelung
von Amerikas Küste bis tief hinein nach Zentralasien – der Gypsy-Boom schlägt
höhere Wellen als erwartet!
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