barXino

Barcelona Mondo Beat: Nación Electrolatina

EXIL 827022 / LC 08972/ VÖ:26.1.2007 / DISTRIBUTION: INDIGO
1. Tambor Y Voz 5’08”
2. Can Tunis Gnawa Mix 4’32”
3. Barrio Chino 4’40”
4. Negro Dub 6’21”
5. Ogum Oniré 6’58”
6. Sambina Do Tambor 5’17”
7. Rumba Da Escuela 5’04”
8. Sapato Apertado 4’50”
9. El Detective Del Ritmo 4’14”
10. Alberteando 4’48”
11. Sambata 5’01”
all songs by: Boschiasso, Bedoya, Da Costa Lima, Fuks, Inza, Santillan

Ganz schön kess, einfach so eine eigene Nation auszurufen. Wer auch immer das wo auch immer tut, bringt schon eine immense Portion Selbstbewusstsein mit: Wir erinnern nur an die Hippie-Bewegung Kopenhagens, die sich mit ihrem Stadtviertel Christiania einen autonomen Staat schuf, oder – musikalischer – an die von “Black President” Fela Kuti angeführte Kalakuta Republic in Lagos. Da befinden sich barXino, ein spleeniges Kollektiv mit Musikern aus Kolumbien, Argentinien, Brasilien, den Kanarischen Inseln und Italien in guter Gesellschaft. Sie proklamieren mit ihrer Electrolatina-Nation frisch und frech eine quirlige neue Existenz im tönenden Trubel Barcelonas. Da muss wohl schleunigst ein weiteres Kapitel in den Annalen der anarchischen Katalanien-Kapitale geschrieben werden, und zwar in Kapitälchen: barXinos Debüt Barcelona Mondo Beat – nación electrolatina offenbart sich nämlich als ein rundum enthusiasmierender, synergetischer Meisterstreich zwischen Salsa, Samba, Música Popular Brasileira, Rumba, Cumbia, Flamenco, Funk, Reggae und Rap – stets seiltanzend zwischen Wurzelarbeit und synthetischem Knowhow. Und ist zu alle dem mit der gleichen amorphen Genialität gesegnet, wie die ebenfalls in “Barna” entstandenen jüngsten Gesamtkunstwerke von Referenzgrößen wie Ojos de Brujo, Macaco oder Nubla.


Geahnt haben wir es ja schon seit der zweiten Folge der Barcelona Raval Sessions, dass da etwas Bombastisches in der Mache ist: Dort erklang der wild tobende Gnawa-Trance-Track “Can Tunis” – ein trefflicher Vorbote aus der barXino-Werkstatt, der vielen schon als Highlight im neuen Querschnitt durch den Klangdschungel Barcelona auffiel. Vor Ort selbst beginnt die Geschichte der Truppe vor drei Jahren. Damals rappelten sich zwei alles andere als unbeschriebene Blätter aus d er Altbesetzung der Band von Macaco auf, um ihren Spieltrieb auf neuen Wiesen auszuleben. Der Argentinier MARTIN FUKS, kam 1989 aus Buenos Aires nach Katalanien und hatte Macacos erstes Werk El Mono En El Ojo Del Tigre produziert, danach für David Byrnes Label Luaka Bop den Klangmixer gerührt, so etwa für die letzte Offenbarung der Mexikaner von Los De Abajo, Cybertronic Chilango Power . Bei barXino programmiert er und ist für das Bassfundament verantwortlich. Sein Macaco-Kompagnon BETO BETOYA ist kolumbianischer Provenienz und ebenfalls seit satten anderthalb Dekaden Wahleuropäer. Seine frühen Bühnen-Erfahrungen als Perkussionist bezog er aus einem afro-kolumbianischen Tanztheater, wenig später war es quasi unmöglich, eine Mestizo-Band zwischen Barcelona und Madrid zu finden, die er mit seinen schlagwerkenden Kontributionen und Songkompositionen nicht beehrt hätte, unter diesen Ojos De Brujo, Dusminguet oder Amparanoia. Bei barXino agiert der Kolumbianer auch als MC. Während Fuks und Betoya im Studio des ersteren neue Kreativität ausbrüteten, stieß der DJ MAX BOSCHIASSO zu ihnen: Der Italiener kann sich aufs das Ruhmesblatt schreiben, die weltweit beachtete CD-Reihe Funkadelica mitbegründet zu haben und als Partizipant der Feel Good Productions zu wirken. Er fühlt sich sowohl im Brazil-Feld als auch im Asian Underground zuhause.

Und nun “Licht aus, Spot an” – für die drei barXino-Ladies, die nach und nach eintrudelten und jede für sich eine herausragende Persönlichkeit darstellen. Da wäre SOL BRASIL, d ie schillernde São Paulo-Sirene. Ihr leichtfüßiger Name täuscht gerne darüber hinweg, dass sie 1997 in der Heimat an der Seite von Suba und Edgard Scandurra eines der ersten Techno-Alben Brasiliens namens Benzina mitfabriziert hat. Eine ganz andere Facette ihrer Vita ist das profunde Interesse am Flamenco, dem sie mehr als eine Dekade als Begleiterin andalusischer Stars wie Antonio Reyes gefrönt hat. In der Wahlheimat Madrid widmete sie sich seit 2000 besonders dem Erstellen elektronischer Kreationen für Film und Werbe- Trailern, auch für die Amazonas-Kampagne von Greenpeace. FLORINZA aus La Pampa ist die argentinische Weiblichkeit im Kollektiv. Ihr Markenzeichen ist ein Percussion-Sound, der sich aus Einflüssen der großen weiten Welt von Cuba bis Brasilien speist und sich unter anderem in der global tourenden Formation Tamboro Mutanta niedergeschlagen hat. 2002 kam sie nach Barcelona, wo sie seitdem auch mit dem Electro-Spezi und Landsmann Federico Aubele gearbeitet hat. Mit ESTHER OVEJERO hat sich eine Kanarische Insulanerin ins Line-Up eingeschrieben. Ein vokales Multi-Talent, diese Dame, die 2005 schon ein Album unter eigenem Namen veröffentlicht hat, auf d em sie mit ihrem musikalischen Partner Richard Bona, Jazzbassist mit Weltruf aus Kamerun, kollaboriert. Esther ist auch in der Latin-Combo Atcheré zuhause.

Last but not least dürfen wir DJ & MC STORMY vorstellen, ein eifriger Pultmeister vor dem Herrn, der in Barcelonas Szene bekannt ist wie ein bunter Hund und auch schon mit Public Enemy gearbeitet hat. Zur Zeit ist er Resident Artist im Raval-Club Zentaus und steht auch für die Band 08001 an den Turntables – seine Spezialität:HipHop-Beats mit einem Touch von Old School-Rap.

Dass aus den Brains dieser multikulturellen Multitalente ein ganz famoser Ideen-Park emporwächst, dessen Gewächse sich schließlich zu dem verschlingen, was nun als barXino-Sounddschungel im Begriff ist, die Gehörorgane der Welt brausend zu durchwuchern – wen wundert’s? Tasten wir uns vorsichtig an ihren Erstling BarcelonaMondoBeat: NaciónElectrolatina heran – was allerdings gleich fehlschlägt. Zaudern hilft hier nichts, der Sog ist unwiderstehlich. Gleich im Intro-Track wirbeln kubanische Montunos, röhrendmaskuliner Satzgesang , kräftige Candombe-Trommelwirbel und brasilianischbecircende Interludien durcheinander. Sodann stürzt sich das Geschehen in die eingangs schon erwähnte Gnawa-Nummer mit furienhaften Flamenco-Vokalisen zum marokkanischen Groove. Die Gypsy-Viertel Barcelonas, die Copacabana, das Hoheitsgebiet von AfroBeat und Funk aller Schattierungen, gleitende Übergänge von Dub zu Rock, von Timba zu donnernden Breakbeats - stets in einem untrennbaren Knäuel zusammengezwirnt: Dies alles sind weitere Stationen auf der Karte der Nation barXino, die mit Ruhepolen in Bolero, Bossa und meditativer, afro-brasilianischer Spiritualität zum Finale natürlich auch ihre lauschigen Oasen kennt Dazu fängt man in schelmischen Intermezzi akustische Straßenszenen Barcelonas ein, lauscht einem Bolero auf einem Radio Gaga oder lässt sich mal die Historie der frühen Bossa Nova erzählen. Raffinierte Färbungen erhält der barXino-Sound von Gästen wie dem Ex-Ojos- Member JUANLU, dem kubanischen Meisterpianisten WICHO RODRIGUEZ (Arturo Sandoval, Paquito D’Rivera), dem uns wohlvertrauten Anarcho- Rumbero MUCHACHITO und Dusminguet-Mastermind JOAN GARRIGA.

Anspieltipps:
- “Alberteando” (11): Ein turbulent voranpreschender Marsch, der zwischen Conga und House oszilliert und schließlich in einem durchgedrehten vocodergestützten Refraingesang gipfelt.
- “Rumba Da Escuela” (7): katalanische Rumba, ein wenig Rock, ein wenig Rap und feindosierte Scratches, unterstützt von keinem geringeren als JuanLu (Ex-Ojos De Brujo) am Bass.
- “Barrio Chino” (3): Arabisch-katalanischer Rock, durchtrieben mit feuriger Violine und funkigem Wah-Wah-Groove zum hektischem Rap und den irren Gypsy-Exklamationen der Leadstimme.
-“Sambino De Tambor" (6): Ein herzerwärmender Electro-Bossa-Hybrid, der mit verschrobenen Casio -Synthi-Sounds und handfesten Samba-Trommeln gewürzt ist und mit Sols bilingualem Gute-Laune-Gesang einen entspannten Break auf der barXino-Achterbahnfahrt platziert.

Betörendes Patchwork und doch wie aus einem Guss. Kein Jonglieren mit der Stilmixtur sondern ein neuer eigener Hybrid. Demnach das erste Post- Mestizo-Opus? Alles was nun aus Barna kommen wird, muss sich jedenfalls an diesem stupenden Debüt-Opus von barXino messen müssen.

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