PATRIARCAS DE LA RUMBLA

 

COSA NOSTRA
EXIL 6857-2 / LC 08972 / VÖ: 3.3.2006 / DISTRIBUTION: INDIGO

 

1. La Que Se Ha Liao (Antonio „Sicus“ Carbonell) 4‘34"
2. Jacarandonga (Juan Calabuch Pubill „Tio Joanet“) 3‘30"
3. Me Voy Pa’ Cachimbamba (Antonio „Sicus“ Carbonell) 3‘13"
4. Vivir Sin Ti (Antonio Valentí Carbonell „Tio Toni“) 4‘34"
5. Las Tres Marías (Agustín Abellán „Chango“) 3‘39"
6. Yo No Me Caso (Rafalito Salazar / JM Salazar) 3‘15"
7. Medley Roberto Carlos (Roberto Carlos) 6‘08"
8. Al Pasar La Barca (Las Grecas) 3‘46"
9. Diablo (Juan Calabuch Pubill „Tío Joanet“) 4‘37"
10. Voy A Perder La Cabeza Por Tu Amor (Manuel Alejandro) 5‘27"
11. Taki Taki (Antonio Valentí Carbonell „Tio Toni“) 3‘26"
12. Pa’ Ismael Rivera (Ismael Rivera) 3‘52"
13. Garrotín De Lleida (Popular) 4‘13"

Der neue Sound Barcelonas, der so gerne unter dem Schlagwort „Mestizaje“ verpackt wird, hält die Musikwelt seit einigen Jahren in Atem. Kataloniens Metropole als Schmelztiegel für Ingredienzien aus aller Damen und Herren Länder - das ist das Gesicht der Gaudí-Stadt im Jahre 2005. Doch was spielte sich dort in vergangenen Jahrzehnten ab, als Ojos De Brujo, Dusminguet, Macaco, Muchachito und die anderen quirligen Protagonisten der Jetztzeit noch in die Windeln machten oder noch nicht einmal das Licht der Costa Brava-Sonne erblickt hatten? Mythisch muten die Hauptfiguren der Rumba Catalán an, ihre Namen nennt man mit Ehrfurcht, doch ihre Platten sind oft vergriffen. Anders als im südfranzösischen, zweiten Hoheitsgebiet der Rumba, von wo sich die Gipsy Kings vor mehr als 15 Jahren zu globaler Bedeutung aufschwangen, lag bei ihren katalanischen Brüdern musikhistorisch Vieles brach. Wir trauten deshalb kaum unseren Ohren, als wir auf die vorliegende Einspielung namens Cosa Nostra aufmerksam wurden. Betagte, aber hellwache Rumba-Recken aus den Gitano-Vierteln fanden sich vorm Mikro ein, um der Welt zu zeigen, mit welcher Erbsubstanz Barna in verflossenen Dekaden gesegnet worden ist. Und das Überraschendste: Die Grassroots-Arbeit dieser taufrischen Patriarchen wird durch junge Gypsy- Musiker und Frontstimmen von Dusminguet, Jarabe De Palo oder Macaco flankiert.

“Es ist nun an der Zeit, d ie Mestizaje-Idee ein wenig beiseite zu lassen und die richtigen Rumberos zu präsentieren”, bekräftigt Cosa Nostra-Produzent, und -Gitarrist Antonio Carbonell, genannt “Sicus”. Mit seiner Gruppe Sabor De Gracia, namentlich den Compañeros an Piano (Yumitus), Gesang (Miguel Fernandez “Miki”), Gitarre (Johnny Malla “Petete” ), Bass (David Torras “Barretina”) sowie Perkussion (Francisco Batista “Rambo”) verkörpert er den gerade blühenden Spross des Rumba-Stammbaums. Gegründet haben sich Sabor de Gracia 1994 - mit dem Ziel vor Ohren, das vor mehr als einem halb en Jahrhundert populär gewordene Genre der katalanischen Gypsies in eine neue Ära zu führen. Mit ihren beiden Alben Tots Els Colors (1997) und El Mundo Baila (2004) konnten sie dafür mehr als einen Grundstock legen, sind mittlerweile so gut im Geschäft, dass sie sich die Bühne mit Berühmtheiten wie Ketama teilen. An der Seite von Kiko Veneno und Maria Del Mar Bonet traten sie 2002 im Film “El Gran Gato” in Erscheinung, der Lebensgeschichte der bereits verstorbenen Rumba-Eminenz der 1970er/80er.

Nun haben sich die Gitano-Youngster um “Sicus” an ein Projekt gewagt, das im Grunde völlig gegen den Barcelona-Trend gekämmt ist: Die alte Garde der Zigeunermusiker, Stimmen, die im Brennpunkt der Rumba-Mania seit den 1950er standen, aus d en fünf wichtigsten Barrios zusammenzurufen. Es ist dies nicht mehr und nicht weniger als eine überfällige Verbeugung vor einer großen Epoche, ein fulminantes Dokument, wie sich die Zukunfts-Rumba von Sicus und seinen Mannen aus den Wurzeln nährt. Diese werden von fünf Rumberos zwischen 60 und 75 Jahren repräsentiert: Allesamt haben sie jahrzehntelang am Puls des Genres gewirkt, u.a. b eim Rumba-König Peret, der einst als Übervater und Pionier die ausgewogene Mischung zwischen Flamenco und afro-kubanischen Einflüssen festgeleg t hat. Die Poesie und Feierlaune der klassischen Rumba Catalán, wie sie auf Hochzeiten und anderen Festen der Gitanos zum Tanz gespielt wird , verströmen die PATRIARCAS DE LA RUMBA noch immer mit jedem Ton. Einige von ihnen sind gar erstmals in so exponierter Art und Weise auf Platte verewigt. Wir dürfen vorstellen:

EL TÍO PALÓ (Ramón Valentí Carbonell): Er stammt aus dem Barrio Gracia und wird vo n den Jüngeren seiner Gemeinde treffend der “James Brown der Rumba” genannt. Wer den mittlerweile fast 70jährigen “Wirbelwind” einmal singend und tanzend auf der Bühne gesehen hat, kann die Attributzuweisung nur unterschreiben. Paló hat mit vielen Gro ßen gearbeitet, u.a. auch mit dem Rumba-König Peret. Erstaunlicherweise hat er während seiner 55 Karrierejahre nie ein Album aufgenommen.

EL TÍO TONI (Antonio Valentí Carbonell): Der Bruder von Paló stammt aus dem Barrio Calle De La Cera und ist der älteste unter den fünf Patriarchen. Sicus zufolge ist er die Institution der Rumba schlechthin, und Peret, mit d em er Ewigkeiten zusammen gespielt hat, nannte ihn „bester Palmeiro (Rhythmusgeb er und Bac kgroundsänger) der Welt“. Schon als Kind hatte er die Musik so im Blut, dass er an seinem Erstkommunionstag nicht das Vaterunser betete, sondern vor dem Priester eine Rumba intonierte. Auch er hat nie ein Solo-Album aufgenommen.

EL TÍO PEPE „EL CHINO“ (José Cortez Jiménez): Seine Heimat ist das Viertel Hostafrancs, eine der Geburtsstätten der Rumba Catalán. Er gilt als der Romantiker unter den Patriarcas und arbeitete u.a. mit d en Legenden Chacho und La Camboria - seine Balladen sind sein Markenzeichen.

EL TÍO JOANET (Juan Calabuch Pubill): Joanet ist ein enger Cousin von Peret und kommt aus der Vorstadt Mataró . Sein Gesang ist ein Tick feinsinniger als d er seiner Kollegen, man spürt eine größere Nähe zum Flamenco. Auch er arbeitete mit Peret, auch er hat nie eine Soloplatte eingespielt.

EL TÍO RAFAEL (Rafael Salazar): Der 62jährige stammt aus Lleida und war eine Zeit lang Perets Gitarrist. Rafael war nie als professioneller Musiker unterwegs, trat vielmehr auf den privaten Feiern und Hochzeiten in Erscheinung. Seine Spezialität ist die von verschmitzter Spontaneität geprägte Rumba-Variante Garrotín, die er auf Cosa Nostra auch eindrücklich zelebriert.

Um das fünf Generationen übergreifende Gitano-Projekt noch mit dem Talent der Payos („Nichtzigeuner“) zu würzen, haben Sabor De Gracia
obendrein einige Größen der aktuellen Mestizo- und Rock-Szene eingeladen. So erhielten die Patriarchen und ihre Nachfolger Besuch von DANI MACACO, d er seine typisch nasalen Vokalkünste einbrachte, ebenso folgten der Invitation Dusminguet- Kopf JOAN GARRIGA und PAU DONÉS, Chef der Ibero-Rocker Jarabe De Palo.

Mit all diesen Talenten entsteht eine Fiesta, die den Flair etlicher Dekaden zu einem überwältigenden Klangereignis bündelt: Da sind die klassischen Zutaten, nämlich der typische Ventilador-Rhythmus der Gitarre (der heißt so, weil die Schlaghand der Gitarre Luft zuzufächeln scheint!), so listische Saiteneinlagen, die Palmas (gegeneinander versetztes Klatschen) und Perkussion an Cajón und Conga, sowie natürlich die feurig en Stimmen, die von 50 Jahren Rumba-Passion erzählen und ironisch bis seelenvoll den Gitano-Alltag nachzeichnen. Da sind die salsa-infizierten Piano-Linien, behutsame Scratches, die packenden, sprachspielerischen Hintergrundchöre der Herren und des reizenden jungen Gitanas-Terzett Las Chuches. Verschnaufpausen bieten sichmit schmelzenden Balladen an, die vielmehr von erlebtem Herzschmerz als von aufgesetzten Krokodilstränen zeugen. Bereichert wird das Gefüge durch Violinen-Einwürfe, Mandolas und quirlig flirrenden Flöten. Und mit Tía Payoya hat sich auch eine selbstbewusste Dame - mit ihrem passionierten Gypsy-Soul weit mehr als eine Quotenfrau - unter die Klanväter gemogelt.

Als Bonus gibt es eine ca. 45minütige eindrucksvolle „Making Of“-DVD, d ie Prod uzenten und Musiker ins Studio begleitet, sie hoch über den Dächern Barcelonas interviewt und ihnen auf Festivitäten ins Barrio folgt.

Wer den Patriarcas und ihren jungen Kollegen lauscht, fühlt bald mit einem Lächeln auf den Lippen und einem Zucken in den Füssen, wie sich der berühmte Ausspruch der Gitanos bewahrheitet: „Die Rumba Catalán ist ein fröhlicher Gedanke, den man tanzen kann.“ Schon jetzt wagen wir die Prognose, dass das Treffen auf Cosa Nostra als überragendes Zeitdokument in die Musikhistorie Barcelonas eingehen wird.

Anspieltipps:

- „La Que Se Ha Liao “ (1):
Zum Einstieg stecken alle Patriarcas ihr Territorium ab, künden stolz von ihrem Dasein als Gitanos, lassen die Historie der Rumba Revue passieren. Schon hier zeigt sich die kongeniale Begleitung durch Sabor De Gracia mit präzisem Ventilador und inspiriertem Piano-Solo.

- „Jacarandonga“ (2):
In dieser reizenden Miniatur schickt Tío Joanet seine Frau zum Doktor - nach langer Behandlung stellt der fest, dass er sich beruhigen kann: Seine Gattin hat nur den „Jacarandonga“.

- „Me Voy Pa’ Cachimbamba“ (3):
Dani Macaco ist der Gaststar, der sich in diesem Track auf ein Stelldichein mit dem Doyen Tío Paló eingelassen hat.

- „Al Pasar La Barca“ (8):
Die Sternstunde d er jungen Generation. In einem hitzigen Hybrid aus Rumba und Salsa singen Miki, Sicus und Las Chuches von dem Bo otsmann, der sich in eine Schönheit verliebt und ihr schmachtend freie Fahrt gewährt.

- „Taki Tak i“ (11):
Tío Toni in seinem Element: Umschmeichelt von den Chuches läuft er zu charmanter Hochform auf.

 

 

 

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