Putumayo Presents:

North African Groove


EXIL 5923-2 / LC 08972 / VÖ: 17.5.2004 / DISTRIBUTION: INDIGO

1. Jomed: "Montuno Noreño" (Joel Hierrezuelo/Ahmed Takdjout) 4’22"
2. Samira Saeid: "Aal Eah" (Samira Saeid) 3’00"
3. Amr Diab: "Nour El Ain" (Ahmed Shatta/Nasser Al Mezdawy) 5’01"
4. Faudel: "Si Tu Le Veux" (Faudel, Nabil Khalidi/Thierry Maclier) 3’31"
5. Rhany: "Un Mot De Moi" (Rhany) 3’46"
6. Amina: "Dis-Moi Pourquoi" (A.Annabi/M.Kada) 3’38"
7. Cheb Jilani: "Bahebbak" (Hani Abdul Kareem/Tareq Abu Joudeh) 3’38"
8. Hamid Baroudi: "Sidi" (Hamid Baroudi) 3’34"
9. Khaled. "Ya-Rayi" (Sam Debbie) 3’57"
10. Cheb Mami: "Viens Habibi" (Mohammed Khelifati/Charles Aznavour) 3’40"
11. Mohammed Mounir: "Hanina" (Mohammed Mounir) 4’36"
12. Eastenders feat. Shady Sheha: "On The Ride" (Cem Buldak, Stefan Müller) 4’13"

Berührungsängste zwischen Arabien und der westlichen Welt? Wo politisch in den letzten Jahren immer wieder Vorbehalte und -urteile ins Spiel gebracht worden sind, herrscht musikalisch gesehen schon lange Verbrüderung. Kairos Popwerkstätten fertigen seit den 1970ern edle Ohrwürmer, deren Hooklines zwischen Melismen und Madonna schweben, und die moderne Musik des Maghreb wäre viel ärmer ohne die Pultkünste eines Don Was oder Nile Rodgers. Arabiens Musiker flirten selbstverständlich mit Disco und Rock, bauen frank und frei Funk in den Raï. Ihre Exkursionen in die Salsa fallen auch in Havanna auf fruchtbaren Boden. Und emigrierte arabische Künstler basteln seit den Zeiten der Dissidenten auch auf deutschem Boden, in Kassel, Frankfurt und Wiesbaden eifrig an einem packenden Global-Arab-Sound mit. Nach Arabic Groove und Sahara Lounge ist die lebendige Werkstatt dieser orientalisch-okzidentalen Mischkultur Putumayo ein drittes Kapitel wert. Musiker algerischer, marokkanischer, ägyptischer, tunesischer, libyscher und nubischer Provenienz laden zu einem Gipfeltreffen vom Atlas bis Assuan, von Kairo bis Kassel, von den Pyramiden bis Paris. Und ein gutes Werk verbindet sich mit der ganzen Sache auch: Ein Teil der Erlöse aus North African Groove geht ganz im Geiste der hier präsentierten Klangkunst an die Organisation SEARCH FOR COMMON GROUND (www.sfcg.org), die sich seit 1991 in 13 Ländern von Marokko bis Palästina um Friedensarbeit, Konfliktprävention und Sicherheit im Nahen Osten bemüht.

Arabische und kubanische Musik im Ehebett? So anstößig wie das zunächst klingen mag, so zeugungsfähig ist die Liaison letztendlich, hört man sich den "Montuno Noreño" von JOMED an. Und das nicht von ungefähr - da zitieren wir doch gerne noch einmal die gemeinsamen Wurzeln der karibischen Melodie- und Rhythmenküche mit ihren spanisch-maurischen und westafrikanischen Ahnen. Der Habanero Joel Hierrezuello tat sich für diesen bikontinentalen Beweis mit dem algerischen Châabi-Crooner Hamidou zusammen. Ein cleverer Arrangement-Streich ist das Resultat: Oud und arabischer Gesang vermählen sich mit einem spanischen Refrain, zu dem eine aufgeweckte Salsa-Trompete improvisiert - schließlich verbandeln sich beide Welten mittels der sowohl für Kubas Charanga-Genre als auch für orientalische Arabesken typischen Streicher.

SAMIRA SAEID ist eine der neuen arabischen Popgigantinnen, auf die in Europa ein größeres Ohrenmerk gerichtet wird, seit sie 2003 den BBC World Music Award in der
Middle East-Sparte gewonnen hat. Die Dame stammt aus der marokkanischen Königsstadt Rabat, hat sich aber nach ersten Sangeserfolgen ins Zentrum der arabischen Musikwelt, nach Kairo begeben. Die Wahlägypterin hat ihre maghrebinischen Wurzeln allerdings nie abreißen lassen: Davon zeugt ihr international erfolgreicher Hit mit dem algerischen Raï-Kollegen Cheb Mami, "Youm Wara Youm". Das packend produzierte "Aal Eah" ("Was hat er gesagt?") stammt aus Samiras neuem Album Aweeny Beek von 2004 und verknüpft Anleihen an die Bauchtanzmusik mit einem anglo-amerikanischen Ohrwurm-Chorus: "Er behauptete, es sei einfach, ihn zu verlassen. Also werde ich es hinter mich bringen: Für zwei, drei Tage werde ich traurig sein, dann wird mein Herz zu Stein."

Das männliche Gegenstück zu Saeid in Ägypten, wenn es um Stardom im Pop geht, ist zweifelsohne der in Port Said geborene AMR DIAB. Der bekannteste Populärstil unter den Pyramiden, die Al-Jil-Musik, ist seine Domäne. Allerdings zeichnete sich Diab auf seinen bisher 16 Alben auch durch eine Offenheit gegenüber spanischen und lateinamerika-nischen Elementen aus: Nicht selten siedeln Flamencogitarren in seinen Liedern, auch Duette mit Khaled und Angela Dimitrou belegen die Experimentierfreudigkeit des Ägypters. "Nour El Ain" ist ein Stück aus dem Jahr 1996, in dem er sich an den Rumba Gitan anlehnte und damit Vorbild für etliche arabische Kollegen wurde. Das gleichnamige Album zählt noch heute zu dem meistverkauften Scheiben des Arab-Pops überhaupt.


Als er 1997 mit gerade mal 19 Jahren sein Debüt lancierte, ging eine Eruption durch die Raï-Szene. Die bis dato unantastbare Rollenverteilung von Khaled als König und Cheb Mami als Prinz geriet aus den Fugen. Denn der algerische Nachwuchsstar FAUDEL, in Frankreich aufgewachsen, brachte mit seinem Jungen-Charme einen frischen, romantischen Wind in die arabische Musikszene, wurde schnell zur Identifikationsfigur der jungen Beurs. Schon mit 12 sang er auf Hochzeiten und Festen, trat dann bald als Halbwüchsiger im Vorprogramm von MC Solaar, Mami oder Khaled, einem seiner größten Fans auf. Im September 1998 traf sich der "Petit Prince" mit Rachid Taha und Khaled zu einem Mega-Spektakel in Bercy — das unvergleichliche Gipfeltreffen ist auf dem Mitschnitt 1,2,3 Soleils verewigt. Noch bevor er ein zweites Soloalbum in Angriff nahm, versuchte er sich als Schauspieler an der Seite von "Amélie" Audrey Tatou. Mittlerweile gibt sich Faudel etwas gereift: Packende maghrebinische Pop-Perlen und durchdachte Balladen machen den einstigen "kleinen Prinzen" nun zu einem der wichtigsten musikalischen Orient-Okzident-Botschafter Frankreichs. "Si Tu Le Veux" stammt vom zweiten Œuvre Samra (2001). Nachdenklich berichtet er von der Solidarität der Menschen untereinander - wer Gutes tut, wird vom Glück begleitet werden.

Einen weiteren arabischen Aficionado für kubanische Rhythmen haben wir mit RHANY ausgespäht. Der 33jährige mit einem franko-algerischen und einem marokkanischen Elternteil siedelte als Jugendlicher nach Tunesien über, avancierte dort zu einem beachtlichen Raï-Star. Dann zögerte er nicht, sich ins Zentrum seiner Passion zu begeben. In Havanna bezog er jenes Studio, in dem auch der Buena Vista Social Club tagte, um sein Album Alamtini einzuspielen. Was dabei herauskam, können wir mit ´Un Mot De Moiª auf unsere Hörnerven wirken lassen: Ein groovender Montuno im Piano paart sich mit Oud-Riffs und einer schmachtenden Anrufung an die Geliebte.

Karthago war in der Antike eine der bedeutendsten Zentren phönizischer Kultur. Heute liegt der Ort auf tunesischem Boden und kommt durch AMINA ANNABI wieder ins Gespräch, einer talentierten Tochter des alten Knotenpunkts. Amina gelangte mit 13 nach Paris, wo sie Ende der 1980er erstmals als Teilnehmerin am Eurovision Song Contest ihre vokalen Künste präsentierte und das Album Yalil veröffentlichte. Explosiv verbreitete sich der Ruf der jungen Araberin in Frankreich, und schließlich fand sie sich als Studiopartnerin von Lenny Kravitz, Nigel Kennedy und Manu Dibango wieder. ´Dis-Moi Pourquoiª (1999) zählt zu Aminas größten Hits in der Wahlheimat und koppelt rauchige Flöte und pumpendes Rhythmusarrangement mit geheimnisvollen Arabesken in den Gesangsspuren.

Hussein Jilani aka CHEB JILANI stammt aus dem Land, das sich innerhalb des arabischen Pops vielleicht am wenigsten hervortut, aus Libyen. Mit Folkmusik und klassischer Ausbildung als Grundstock stürzte er sich autodidaktisch auf die Beherrschung verschiedener arabischer Dialekte. Dadurch erreichte er mit seinen Liedern bald eine breite Hörerschaft. ´Bahebbakª ist einer seiner jüngeren Erfolge (2004) und beschwört mit flirrendem Streichorchester und funkiger rhythm section eine Herzensangelegenheit: ´Ich liebe meine Augen dafür, dass sie mir gezeigt haben, ein Leben ohne dich ist unmöglich. Ich liebe meine Seele, da sie mit deiner Seele verschmolzen ist.ª

Mit 13 erklomm der Algerier HAMID BAROUDI schon erstmals die Bühnenbretter und hat sich seitdem als musikalischer Nomade par excellence erwiesen. Über Paris und Kassel, wo er Kunst studierte, führte ihn sein Weg zu einem Teaming-Up mit den Worldbeat-Pionieren Dissidenten, in deren Gesellschaft er vier Jahre lang und auf zwei Alben als Vokalist wirkte. In seiner anschließenden Solokarriere bündelte er Disco, Funk und westlichen Pop mit seinem maghrebinischen Erbe, programmatische Titel wie City NoMad oder das multilinguale Five wurden bekannte Bausteine im Euro-Arab-Pop. Das Titelstück seines letzten Werkes, ´Sidiª, in dem wiederum Züge von Raï bis Rock, von Club bis Châabi vereint werden, spricht von einem ´edlen Mannª, der sich sein Ansehen durch Weltgewandtheit und die Beherrschung vieler Sprachen erworben hat.

Natürlich können wir hier über Khalidu Hajji Brahim alias KHALED wenig Neues erzählen. Der ´Roi du Raïª eroberte mit Jean-Jacques Goldman den Planeten, als er seine "Aicha" veröffentlichte. Zuvor allerdings hatte der algerische Jugendstar aus Oran, der 1990 vor dem Zorn fundamentalistischer Kritiker nach Paris floh, schon mit dem Produzenten Don Was wegweisende Raï-Alben zwischen Disco und Funk aufgenommen. Genau zu diesem Sound kehrt er auf dem neuen Opus Ya-Rayi zurück: Tighte Bläsersätze, pumpende Rhythmen und die eleganten Melismen in der Vokalabteilung - das ist klassischer Khaled, wie wir ihn lieben. Und tatsächlich ist neben Philippe Eidel wieder Mister Was für die Produktion verantwortlich. ´Sie erscheint und verschwindet ganz wie ein Geist, sie ist mein Leben und meine Augen, wenn Du auch von Schönheit geblendet werden solltest, dann schau, wie es mir gerade ergeht.ª

Mit einem anderen Produzenten-Riesen der US-amerikanischen Szene kann sich auch CHEB MAMI seit seiner letzten CD schmücken. Nile Rodgers, Ende der 1970er für die Disco-Chartbreaker von Chic (´Le Freakª!) federführend, nahm sich der Klanggestaltung von Dellali an. Und auch andere prominente Namen umschwärmen den Prinzen des Raï immer gerne: Wir erinnern an seine Duette mit Sting, Susheela Raman, Ziggy Marley oder Zucchero. Stilistisch zeigt er sich genauso umarmungswillig wie Landsmann Khaled: HipHop, Flamenco oder gar bretonische Klänge sind in seinen Songs keine Rarität. Das schaukelnde ´Viens Habibiª hat der Cheb im Team mit Chansonier Charles Aznavour fabriziert, doch Rodgers funkige Produktion lugt unüberhörbar in jedem Takt hervor.

Assuan beherbergt nicht nur eines der ausgeklügeltesten Bauwerke der Erde, sondern ist auch Heimstatt des Nubiers MOHAMMED MOUNIR, einer der größten Stars des Kairo-Pops. In die ägyptische Kapitale kam der Crooner in den 1970ern zunächst, um Kunst zu studieren. Sein nubisches Lokalkolorit schockte die Hauptstädter erst mal ein wenig, doch rasch arbeitete sich der junge Mounir zu einem heißen Act empor. Auch auf der Leinwand machte der Sänger immer wieder eine gute Figur, etliche europäische Kinobesucher werden ihn aus Youssef Chahines Das Schicksal kennen. Hier in Deutschland fiel er zudem unlängst als Bühnenpartner eines Hubert von Goisern auf, der sich mittels Goethe-Institut um musikalische Verständigung mit der arabischen Welt bemühte. ´Haninaª ist eine straighte Disco-Nummer, die sich mit den klappernden traditionellen Rhythmen Ägyptens und Nubiens verzahnt: ´Deine Ferne hat mich in den Wahnsinn getrieben. Wenn die Nacht hereinbricht, alle anderen sich zur Ruhe begeben, werde ich versuchen, den Tränen, die meinen Körper verbrennen, zu begegnen. Oh meine herzensliebe Königin, wenn Du nur näher bei mir wärest.ª Zählen kann Mounir in diesem wie in vielen anderen seiner Titel auf die Arrangierkünste von Roman Bunka: Der Münchner Ethnojazzer und Oudvirtuose der ersten Stunde (Embryo, Dissidenten, Trilok Gurtu) hat sich seit etlichen Jahren als Orchesterchef beim Nubier hervorgetan.

Traditionelle Sounds von Kalkutta bis Kairo mit Herz und Hirn fit für den Club zu machen, dass haben schon lange nicht mehr nur die Kreativköpfe der British Asian-Szene für sich gepachtet. Sollte man die führenden nah- bis fernöstlichen Global Dance-Pultmeister aus Deutschland benennen, dann rangiert ein Projekt aus dem Rhein-Main-Gebiet mit Sicherheit auf einem Ehrenplatz. Hinter den EASTENDERS steckt der Frankfurter Stefan Müller, dessen Handschrift als Kompilator schon auf den geschätzten Orientation-Samplern hinterlassen wurde. Für sein Debüt Along The Path traf er sich mit dem Wiesbadener Deutschtürken Afrit, um Dancefloor vielschichtig mit Türkischem und Balkaneskem zu verkuppeln. Der hier ausgekoppelte Track ´On The Rideª kam mithilfe des Gastes SHADY SHEHA zustande, einem jungen Ägypter, ebenfalls aus Wiesbaden, der sich zunächst einmal bei Deutschland sucht den Superstar versuchte. Wir meinen: In dem hier vorliegenden Kontext kann er allerdings ein paar Talente mehr ausspielen.

Raï-Könige und -Prinzen, arabeske Diven, Brückenbauer zwischen Mittelmeer und Karibik, Pultmeister aus Nah und Ost: Der Groove Nordafrikas gibt sich weltgewandt und im besten Sinne globalisiert. Geschichten aus tausendundeiner Nacht für die Clubs der Großstadt.

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