Putumayo Presents:
Afro-Latin Party
EXIL 5726-2 / LC 08972 / VÖ: 21.3.2004 / DISTRIBUTION: INDIGO
Er ist schon ein besonderes Steckenpferd von Putumayo, der swingende, groovende Brückenschlag zwischen dem schwarzen Kontinent und der Karibik. Und kann man es den Klangschatzmeistern aus dem Big Apple verdenken? Schließlich haben die Bande zwischen West- und Zentralafrika und der transatlantischen Son- und Salsa-Welt die spannendsten Hybrid-Sounds der Weltmusik hervorgebracht und beglücken uns heute mit Stars wie Africando oder Ricardo Lemvo. "Afro Latino" und "Congo To Cuba" kündeten bereits von der ausgelassenen Allianz zwischen Dakar, Kinshasa, Bamako, Havanna und New York. Was aus dem einstigen Enthusiasmus der sozialistischen Sahelländer für kubanische Stars wie Celia Cruz und das Orquesta Aragon entsprang, nämlich eine eigene vibrierende Afro-Salsa-Szene, wurde dort mit zündender Verve dokumentiert, die Resultate einer beispiellosen Reise afrikanischer Rhythmen in die Neue Welt und ihren stolzen Weg zurück zum Mutterboden aufgerollt. Die Trilogie wird nun mit einer "Afro-Latin Party" komplett gemacht, die es dabei nicht versäumt, nette Nischen zur bi-kontinentalen Historie der Latino-Sounds hinzu zu addieren: Mambo aus Oregon, Ska aus Cuba und Salsa aus Kroatien sind gleich mit im Angebot.
Die unbestrittenen
Könige in der afro-karibischen Disziplin sind die Allstars von AFRICANDO.
Beispiellos auch ihre Geschichte: Nachdem das malische Mastermind Boncana
Maiga zehn prägende Jahre auf Kuba verbracht hatte, nahm er 1992 die
Verwirklichung seines Traums in Angriff. Mit den drei Senegalesen Pape
Seck, Medoune Diallo
und Nicolas
Menheim hatte er
drei salsaverrückte Seelenverwandte ausgemacht. Parallel dazu rührte
in New York Maigas Schwager Ronnie
Baro - seines Zeichens
ein umtriebiger Tausendsassa im zeitgemäßen Latinosound - die Werbetrommel,
versammelte Salsa-Größen aus der gloriosen Ära der Fania All
Stars. Die frühen Sessions zwischen Afrikanern und karibischen Nuyoricans
bildeten den Startblock für das erfolgreichste Afro-Latino-Projekt aller
Zeiten. In den letzten dreizehn Jahren kamen und gingen die Superstars und
Gastsänger, unter ihnen der erste schwarzafrikanische Salsero Laba
Sosseh, auch Lokua
Kanza und Salif
Keita bewohnten
die Gastzimmer der Africando-Studios. Ihr fünftes Album Betece
(2000) schließlich thronte ein Vierteljahr auf dem ersten Platz der
World Music Charts Europe. Dass die multinationale Herrentruppe gleich dreimal
auf dieser Party zugegen ist, darf man also als besondere Ehre auffassen.
Den Auftakt machen sie auch gleich mit dem Titelstück aus ihrer Hitscheibe
" Betece". Amadou
Ballake, ein Neuling
der burkinischen Szene geleitet mit seiner frischen Stimme durch den Opener,
in dem sich ein feuriger Bläsersatz und brillante Einlagen auf kubanischer
Tres und Flöte duellieren. In "Mandali"
schwingt ein altgedientes Mitglied von Africando das vokale Zepter. Medoune
Diallo ist als einziger
bis heute aus der Gründerzeit übrig geblieben, aber man hört
es ihm nicht an: Mit jugend-lichem Schmelz bestreitet er die tanzbare Nummer,
die dennoch Balladencharakter hat und mit der schon 1969 die Super Eagles,
Vorgänger von Ifang Bondi, die Hitlisten Gambias anführten. Ein
weiterer Grundsteinleger aus dem Senegal ist in "Demal"
zu vernehmen: Nicolas
Menheim serviert
uns einen elegant schlurfenden Klassiker aus dem 1998er-Album "Baloba!"
in die Gehörgänge, jene Scheibe, die auch mit der irren Coverversion
von Khaleds "Aicha" den Weltruhm der Afro-Karibianer besiegelte.
Jetzt ist es mal Zeit, die Lokalität zu wechseln. Wer spielt denn noch
so auf, auf unserer transatlantischen Fete? Da hätten wir in einem anderen
Partyraum Señor JOSÉ MANGUAL JR.
anzubieten, einen echten Platzhirsch auf dem New Yorker Salsa-Parkett. Kein
Wunder, wenn der Vater schon mit Dizzy Gillespie, Miles und Charlie Parker
die Bongos bearbeitete, dann muss der Spross ja auch ins Musikgeschäft
einsteigen. Schon 1968 tat er sich mit keinen geringeren als Willie Colón
und Hector Lavoe zusammen, um einige der genialsten Salsa-Sessions nuyoricanischer
Provenienz zu fabrizieren. Bis heute hat Mangual mit Juan Luis Guerra, dem
Merengue-Star aus der DomRep, mit Celia Cruz, Mongo Santamaria und Ruben Blades
musiziert, um nur die Spitze des heißen Eisberges aufzuzählen.
Auf "Ritmo Con Aché"
rekurriert er auf die positive Lebensenergie der afro-kubanischen Santéria-Rituale,
den Axé, der seinen Ursprung in der Yoruba-Religion hat. Ein nettes
Lied mit flotten Trompeten und einem hartnäckigen Piano.
Ironisch gebrochen, aber nicht albern schauen sich PEPE
& THE BOTTLE BLONDES die Latino-Szenerie von ihrem distanzierten
Beobachtungsposten aus an. Und den haben sie in Portland, Oregon aufgeschlagen,
dem optimalen Standpunkt, um den Mambo mit ein wenig Kitsch aufzumischen,
oder? Wir finden jedenfalls, dass die reizende Miniatur "Cuentame
Que Te Pasó" aus dem Debüt Latenight Betty
mit den drolligen Backgrounddamen (sie heißen Nadine Stanton und Jessica
Hollyfield) und dem federnden Rhythmus einen wunderbar augenzwinkernden Beitrag
zu unserer Party liefert. Ganz im Geiste von Señor Coconut oder Karl
Zéro. Die Nummer aus der Feder des Mamberos Al Castellanos hat eine
illustre Vergangenheit: Sie wurde sowohl von Los Van Van als auch von Manhattan
Transfer adaptiert. Ach ja, für alle Chronisten: Leadsänger Pepe
Raphael, ursprünglich Madrilene, war mal bei Pink Martini.
Wie hätte sich die kubanische Musikhistorie wohl ohne die Revolution
1959 weiterentwickelt? Darüber kann man viel spekulieren, sicher ist
aber, dass die damals engen Bande zwischen Jamaika und der Zigarreninsel wohl
nicht abgerissen wären. Und die Musiker von SKA
CUBANO würden gar nicht so viel Staub aufwirbeln, wie sie
es derzeit mit ihrem Debüt tun. Als Peter Scott, ein Londoner Musikfreak,
den Vorsteher der Ska-Combo Top Cats namens Natty Bo, zu einer Kollaboration
mit Musikern aus dem fernen Santiago ermunterte, schlug die Geburtsstunde
des munteren Haufens. Mit dem Straßensänger Benny Billy war bald
ein kongeniales kubanisches Vokal-Gegenstück gefunden, und man frischte
in den legendären Egrem-Studios von Havanna, danach in London die traditionsreichen
Bande zwischen den Karibik-Inseln auf. Und die wird manchmal richtig rituell:
In "Babalú", einem Klassiker
der großen Margarita Lecuona, verbeugt sich Benny Billy vor der Orisha-Gottheit,
unterlegt mit einer patinabesetzten Upbeat-Sektion.
In kroatischen
Kreisen und jetzt werden wir ein wenig flapsig werden nicht
nur Fußballwetten abgeschlossen, sondern man schwingt auch zu Latino-Rhythmen
das Tanzbein. Zugegeben, der Leadsänger von CUBISMO
heißt Ricardo Luque und stammt aus dem Land, wo statistisch erwiesen
die glücklichsten Menschen dieser Erde wohnen, aus Venezuela. Doch die
anderen elf Musiker dieser 1996 in Zagreb aus der Taufe gehobenen Truppe sind
waschechte Kroaten. Und sie bleiben nicht bei purer Salsa stehen, sondern
gruppieren allerlei Ingredienzien von House bis Dancehall in ihre Kreationen.
"Morenita"
aus ihrem Album Junglesalsa ist eine pfiffige Widmung an eine schöne
Cubana: "Höre mir zu, während der Hahn kräht. Jenseits
der Hügel wartet auf mich die schönste aller Frauen mit grünen
Augen und zimtfarbener Haut."
Mit "Cógele El Gusto"
kehren wir in gewissem Sinne zur Wurzel eines Genres zurück in
diesem Stückchen war es nämlich, dass sich das Wort "Salsa"
erstmals in einem Liedtext versteckte, um die afro-kubanische Tanzmusik zu
beschreiben. Ein Tribut an seine Landsfrau Celia Cruz zollt hier CHICO
ÁLVAREZ, denn die Diva machte es in den frühen 1960ern
populär. Álvarez seinerseits ist auch kein unbeschriebenes Blatt.
Der in Brooklyn geborene Kubaner kehrte zunächst während seiner
Kindheit auf die Heimatinsel zurück, wo er im natürlichen musikalischen
Umfeld groß wurde und den Bandleader Arsenio Rodriguez zu seinem Idol
auserkor. Seit den Siebzigern wirkte er in Son-Formationen, machte später
zurückgekehrt nach NY eine ganze Reihe von Einspielungen
fürs dortige Salsa-Label Nr.1, SAR. Heute wird er sowohl als umjubelter
Nachtclub-Musiker als auch für seine Radio-Shows beim Sender WBAI geschätzt.
Von Martinique zog er aus, um in Paris die Gemeinde der Latinos zu erobern.
Als Produzent für Zouk-Stars wie Kassav, aber auch für ein
breites Spektrum an Weltmusikern wie Pepe Kalle, Cesaria Evora oder Kofi Olomide
arbeitete der Pult und Keyboardmeister RONALD
RUBINEL und verdiente sich bald den Beinamen karibischer Quincy
Jones. Mit seinem farbenprächtigen Projekt SALSA COLOR präsentiert
er ein in Kuba eingespieltes Repertoire und zugleich das aktuelle Kapitel
aus seiner Color-Reihe. In ihr peppt Rubinel karibische Musik ungewöhnlich
auf, indem er ihr einen cleveren Touch französisch-antillischer Prägung
verpasst: So gabs schon zuvor französische Versionen von Marley-Hits
in Reggaecolor. "La Grev Bare Mwen",
ein Lied über einen Mann, der in einen Streik gerät, stammt aus
der Werkstatt des martinikanischen Banjo-Kings Kali - Rubinel-Sänger
Paul Cardenas gibt dem Song hier einen Salsa-Drive.
Ein Gigant bittet zum großen Partyfinale aufs Parkett: RICARDO
LEMVO muss man Afro-Latino-Adepten nicht mehr ans Herz legen, sie
lieben ihn abgöttisch. Der Mann aus Kinshasa lebt seit mehr als drei
Dekaden in Kalifornien und schweißt dort mit seiner Combo Makina Loca
die Erfahrungen seiner Kindheit, nämlich die kubanisch-kongolesische
Métissage, zu einem fulminanten Mix neu zusammen, der auch moderne
Anleilhen im HipHop nicht ausklammert. Zentralafrikanisches Flair gepaart
mit kubanischer Salsa gibts auch in "Samba
Luku Samba": Lemvo singt in seinem geschmeidigen Heimatidiom
Lingala, um das herum kecke Bläser toben und die schwerelosen Gitarrengirlanden
von Huit Kilos Nseka turnen. Die Perle kommt von seiner Scheibe Ay Valeria!,
die auf dem US-amerikanischen Label Mopiato Music 2003 erschienen ist
für uns in Euro-Land eine echte Rarität.
Wir
lernen: Nicht nur Congo to Cuba, auch DomRep to Zagreb oder Ougadougou to
Oregon könnte über der Brücke stehen, die die Afro-Latino-Gemeinde
verbindet Putumayo macht es auf dieser Party vor.
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