Bellydancing Breakbeats

EXIL 1938-2
LC 08972
VÖ: 26.08.2002

DISTRIBUTION: INDIGO

 

Necmi Cavli, treibende Kraft hinter dem anglo-türkischen Worldbeat-Projekt Oojami, hat keinen griffigen Namen für seine Musik. Oojami ist eine Abwandlung des britischen Slangwortes "Oojamaflip", der immer dann zum Einsatz kommt, wenn einem ein Wort nicht einfällt. Genau deshalb, so Necmi, passt der Name hervorragend zur undefinierbaren musikalischen Identität der Band. "Wir reflektieren einfach die Kultur und den Sound von North London", sagt der studierte Wirtschaftslehrer, DJ und Musiker nicht ganz ohne Stolz.

So wie sein Geburtsort, das lauschige Fischerdorf Bodrum, heute zu den beliebtesten Reisezielen der türkischen Mittelmeerküste zählt, hat sich auch sein musikalisches Umfeld stark verändert. Von Bands wie Transglobal Underground fühlt er sich zwar an "die Musik meiner Kindheit" erinnert, spürt zugleich aber auch den innovativen Schub, der sich aus der Kombination orientalischer Tradition und avancierter Elektronik generieren lässt. Er befasst sich auch intensiv mit der britischen Rave-Kultur, insbesondere der multikulturelle Spirit des Glastonbury Festivals hat es ihm angetan. Er wird selbst DJ, spielt unter anderem in der zum Szenetreff mutierten Union Chapel im Stadtteil Islington. Dortselbst inszeniert er regelmässig in seiner eigenen Hubble Bubble Club-Nacht den musikalischen Wettstreit zwischen Ost und West — zwischen Oud und Darbouka auf der einen und knackig programmierter Elektronik auf der anderen Seite.

Da seine türkische Lehrer-Ausbildung in England nicht anerkannt wird, studiert Necmi Wirtschaftswissenschaften mit dem Ziel, ebenjenes Fach selbst zu lehren, und landet in einer Einrichtung, in der er vor allem Flüchtlingskinder unterrichtet. Parallel dazu baut er sich ein eigenes Homestudio auf. Kein Geringerer as BBC Weltmusik-Experte Charlie Gillett ermuntert Necmi, nachdem er dessen erste Demos gehört hat, zur professionellen Ausarbeitung seiner musikalischen Ideen. Das Resultat dieses Prozesses, das Oojami-Debüt Salut de Constantinople bekommt exzellente Kritiken in Fachblättern wie The Wire und Folk Roots.

Der nächste Schritt folgt beinahe automatisch. Weil Necmi nicht schnell genug eine gute Ausrede einfällt, werden er und seine Mitmusiker Sangey Varma, Phil Winter, Ahmed Mohammed, Nicola Taylor, Kate Hands und Suleyman) im Jahr 2000 kurzerhand zur Live-Band umfunktioniert. Oojami zeigen sich der Herausforderung, gleich als DebütantInnen auf dem renommierten Essentials Festival in Brighton zu spielen, mehr als gewachsen. "Es war sicherlich nicht der beste Gig," erinnert sich Necmi, "und ich erkannte, dass unsere Musik live sehr schwierig umzusetzen ist. Also fing ich an Musik zu schreiben, die wir auch live spielen konnten. Ich versprach der Band einen neuen Song für jeden Gig, den wir spielen würden, und zum Jahresende hatten wir Bellydancing Breakbeats fertig aufgenommen, das eigentlich Debüt von Oojami."

Dieser musikalische Cocktail steht in direkter Beziehung zu Necmis Aktivitäten als Club-Veranstalter, und so nimmt es kaum Wunder, dass leibhaftige Bauchtänzerinnen und Trapezkünstler ebenso zum Programm des Hubble Bubble Club gehören wie Live-Percussions und Gastspiele internationaler Worldbeat-Akrobaten.

"Die Musik von Oojami ist rhythmus-orientiert, aber ich setze gern die unterschiedlichsten melodischen Elemente ein, um stets neue Akzente zu setzen: Es gibt türkische Einflüsse, aber genauso auch asiatische und afrikanische. Ich habe Buschmänner aus der Kalahari gesampelt, und Musiker aus Indonesien, Marokko und Ghana. Das zentrale Thema ist meist türkisch, weil ich mich damit am besten auskenne, aber ich versuche eigentlich fast immer einen globaleren Ansatz zu finden. Ich sehe uns lieber als internationale Band mit türkischen Einflüssen, und nicht so sehr als türkische oder anglo-türkische Band. Allerdings ist es nicht so leicht, das ‚Türkische‘ überhaupt dingfest zu machen. Einer der Musiker ist Syrer, und jedes Mal wenn ich mit einem türkischen Song komme sagt er: ‚Oh, das ist ein syrisches Lied‘. Wir lachen ständig über solche Sprüche, aber es ist wirklich oft schwer auszumachen, ob die Quelle nun nahöstlich, nordafrikanisch oder osmanisch ist. Ich bin jedenfalls froh, dass es in North London viele türkische Musikkneipen gibt. So kann ich mit vielen Musikern arbeiten, die traditionelle Instrumente beherrschen."

Necmi und Oojami unterscheiden sich stark von den meisten türkischen Musikern im Westen, die mehr vom türkischen Popmusikmarkt beeinflusst sind und weniger daran interessiert, dort Erfolg zu haben wo sie leben. "Sie wollen es alle in der Türkei schaffen", erklärt Necmi, "denn der türkische Markt ist leichter zu knacken und sehr lukrativ, wenn Du es geschafft hast. Leider gibt es so etwas wie den Hubble Bubble Club in der Türkei nicht. Dort versuchen die meisten Clubs westliche Stile zu kopieren, statt Musiker zu unterstützen, die traditionelle Ausdrucksformen erweitern. Sie importieren einfach westliche Ideen und Sounds. Das ist Fusion vom Kopf her abwärts statt aus dem Herzen kommend. Sie setzen einfach Musiker aus verschiedenen Kulturen nebeneinander in einen Raum, ohne einander zu verstehen oder zu fühlen. Obwohl ich zugeben muss, dass es ein paar wenige positive Ausnahmen gibt."

Fusion aus dem Herzen? Das kennen wir doch. Jedenfalls ist es kaum verwunderlich, dass die Bellydancing Breakbeats ihren Weg ausgerechnet zu Exil Musik fanden, dem Label der Dissidenten, die in den Achtzigern die Sahara elektrifizierten und zuletzt durch ein avanciertes Remix-Projekt von sich hören machten. Scheinbar haben sich hier Brüder im Geiste getroffen, und die Einladung zum Hubble Bubble in Islington mit Oojami versus Dissidenten ist bereits im Exilbüro eingetroffen.

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