Putumayo Presents:

Rumba Flamenco

EXIL 1817-2
LC 08972
VÖ: 23.09.2002
DISTRIBUTION: INDIGO

 

"Bamboleeeeeo" - so tönte es vor mehr als zehn Jahren durch alle Radiostationen und über alle Festivalbühnen. Die erste Weltmusik-Welle der Spätachtziger hat auch sie groß gemacht: jene oft belächelten Herren aus Perpignan namens Gipsy Kings, die erstmals weltweit das Genre der rumba gitana (auch rumba catalana) bekannt machten. Die kleine, heitere und populärere Schwester des gestrengen Flamenco verdient allerdings eine nähere Betrachtung. Bei den Gitans an der Rhône-Mündung und im Roussillon, sowie auf der anderen Seite der französischen Grenze, in den Zigeuner-Zirkeln von Barcelona (mitreißend dokumentiert im Filmklassiker "Los Tarantos") hat sich seit den 1940ern ein hochspannender Stil eingenistet, der sich aus Flamenco und kubanischen Rhythmen speist, und später ebenfalls mit dem Vokabular aus internationalem Pop und Rock jongliert. Die Gipsy Kings mögen die kommerzielle Hoheit über die Rumba haben, doch auf ihren Seitenpfaden siedeln viele Überraschungen. Putumayo stellt einige davon vor.

"Meine Mutter ist eine Zigeunerin" — aus der Gitan-Sprache Calo leitet sich ihr Name her und sie zeugen davon, daß der Siegeszug der Rumba natürlich auch den Süden Spaniens längst erfasst hat. Maíta Vende Cá aus Cadiz gruppieren über das typische Gitarren-Grundmuster fesselnde Latin-Trompeten und flinke Percussion und präsentieren mit "Rankankin" (1) eine unüberhörbare Anspielung an Tito Puentes "Ran Kan Kan", ein packender Ibero-Latino-Zwitter, der das Feuer des Sängers für eine dunkelhäutige Schöne in zündende Töne kleidet.

Eine fein austarierte Mischung aus Jazz, Rock, maghrebinischen und sephardischen Anteilen über einer Flamenco-Grundierung kredenzt der autodidaktische Songschreiber Javier Ruibal aus Cádiz. Seit mehr als zwei Jahrzehnten ist er ein begehrter Gastmusiker bei Top-Stars und stand schon in Diensten von Ana Belén oder den Celtas Cortos. Mit "Isla Mujeres" (2) beschwört er zu exotischen Vocals und asiatischen Violin-Girlanden den heißen Charme einer Inselfrau herauf.

Aus der knisternden Alternativ-Szene Barcelonas kommen Ojos De Brujo, die Rumba und Flamenco als Basis für ein gut gewürztes Gebräu aus HipHop, Funk, Salsa und Reggae einsetzen. Die "Hexenaugen" sind gleich zweimal vertreten: mit "Vacileo"(3) steuern sie eine vorwärtspreschende Tanz-Rumba bei, bei "Tesoro" (10) geht es mit cleverem Einsatz der Rhythmusbox Cajón und Congas zu reflektierender Poesie etwas andalusischer zu.

Multi-Instrumentalist Wafir kommt ursprünglich aus dem Sudan. Sowohl er, als Partizipant der Band Radio Tarifa, als auch seine Schwester Rasha stellen seit vielen Jahren eine Bereicherung der iberischen Weltmusik-Szene dar. Mit "Lel" (4) schafft er ein kleines Kunststück: Flamenco-Gitarre, arabische Keyboards, Montuno-Piano und Oud-Einlagen verschmelzen zu einem imaginären Soundscape der gemeinsamen Wurzeln iberischer, lateinamerikanischer und nahöstlicher Musik.

Peret ist gewissermaßen der Urvater der rumba gitana. Er war derjenige, der pionierhaft Latino-Elemente in den Flamenco einflocht, dessen Pathos drosselte und die strengen Formen glättete. Seit mehr als 40 Jahren ist er der unbestrittene Patron des Genres und konnte nach längerer Bühnenabstinenz bei der Abschlussfeier der Olympischen Sommerspiele 1992 eine triumphale Rückkehr feiern. Erst kürzlich spielte der alte Herr mit internationalen Stars wie David Byrne und Jarabe de Palo seinen ersten internationalen Release "El Rey del Rumba" ein. Eine tragische Dreiecksgeschichte mit tödlichem Ausgang besingt er in "Una chica muy guapa" (5), einer Aufnahme von 1995.

Der Sirocco, jener berüchtigte Wüstenwind , der nach Spanien hereinweht, wird oft als Sinnbild für die Verbreitung arabischer Kultur verwendet. Bis nach L.A. hat er sie im Falle des Gitarristen Marcus Nand und seines Bassisten-Mitstreiters Carmine Rojas getragen, die ihm mit ihrem Projektnamen "Ziroq" die Reverenz erweisen. Nands Ursprünge reichen nach Südspanien zurück, wo er sich in der Gipsy-Szene die Hörner abstieß. In Kalifornien traf er dann auf den Puerto Ricaner Rojas, der schon mit Stevie Wonder und Mick Jagger getourt hatte. Folgerichtig greift das Duo auch auf Rock- und Pop-Muster zurück. In "Que Pena" (6) porträtieren sie mit arabischem Anflug einen linkischen Tänzer.

Eine schillernde Laufbahn hat der Andalus Eric Fernández (7) aufzuweisen: auf seinen Wanderjahren schloss er sich sowohl den Gipsy Kings als auch Khaled an, kurzfristig sogar den britischen Popmädels von Bananarama. Musikalischen Ausdruck finden seine Reisen auf dem Album "Magic Gipsy", für das er Künstler aus dem gesamten mediterranen Raum um sich scharte. Auf dem vorliegenden Track koppelt Fernandez einen gemächlichen Rumba-Rhythmus mit der seelenvollen Violine von Armand Dinitski.

Hinter dem Namen Chico Bouchikhi verbirgt sich eine zentrale Figur der modernen Rumba. Der Sohn aus einer marokkanisch-algerischen Ehe verbrachte seine Kindheit im südfranzösischen Arles und schloss sich schon als adoleszenter Gitarrist den Reyes-Brüdern an. Los Reyes waren bekanntermaßen die Urzelle für die Gipsy Kings, mit denen er in der Folge die Blütezeit erlebte. 1991 schließlich gründete er seine eigene Combo, die sich als Chico and the Gypsies einen Namen machte. Fetziger Beweis für die ungebrochene Kraft der "Singalong"-Rumba ist "Tengo Tengo" (8), eine Nummer über verlorene Liebe.

Mediterrane Atmosphäre aus der amerikanischen Provinz schicken De Madera über den Teich. Spätestens seit dem Erfolg der fulminanten Gitarreros Strunz & Farah ist bekannt, daß iberische Klänge nicht nur in Europa heimisch sind. Juan Benavides, aufgewachsen in Kolumbien, fühlte sich schon immer seinem Held Paco de Lucia verpflichtet, Jaime Ibarra hingegen ist in Australien mit ibero-irischen Eltern großgeworden und brachte von klein auf eine Vorliebe für Saiten-Artisten wie Gerardo Nunez mit. In ihren Eigenkompositionen geben sich Rumba, Nuevo Flamenco, aber auch viele Puzzleteile der musica latina die Klinke in die Hand. Auf "Cañaveral" (9) frönt das Duo aus North Carolina einer besonders perkussiven Spielart der Gitan-Musik.

Ebenfalls aus dem Stammbaum der Gipsy Kings ist die Gitano Family erwachsen, in der sich François "Canut" Amador, Sohn von Pablo Reyes, als junger Gitarrero hervortut. Ein weiteres Mitglied, Joseph Gautier, schwingt die Klampfe auch bei Chico and the Gypsies. Dank "Homage aux Marquises" (11) ziert ein weiteres virtuoses Instrumental die Titelfolge, eine federnde Komposition mit brillantem Saitenwettstreit.

Als Vertreter der Camargue stellt sich Ricao vor, sonst oft mit dem Flamenco-Interpreten Manolo im Verbund. Ricaos Stimme auf "Malacutum" (12) wandelt die oft rauhe Diktion der andalusischen Sänger in einen elegant mäandrierenden Fluss, der eine betörende Liebeslyrik kultiviert.

"Joselito" (13) ist ein knackiger Hit aus der Camargue und Energipsy sind die Urheber. Die Formation um den italienischen Gitarristen Francesco Grant, von Kindesbeinen an mit Flamenco infiziert, kreiert seit einigen Jahren mit andalusischen Musikern eine innovative, sehr ohrenfällige Spielart der rumba gitana. Zu Brants Bandkollegen zählt übrigens auch José Moreno, Neffe von Manitas de Plata, einst sein großes Idol.

Gebannt werden wir Zeuge, welch weite Kreise eines der populärsten Mittelmeer-Genres heute zieht - vom Heartland des Flamenco und der Rumba bis in den Nahen Osten und gar nach Übersee strahlt die feurige Seele der mediterranen Gypsyklänge.

 

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